Freitag, 22. November 2013

Von dem Winamp zu dem Cube zu der Bee

Der bekannte Audio- und Mediaplayer Winamp samt zugehöriger Webdienste wird im Dezember 2013 nach 15 Jahren eingestellt. Diese Nachricht kam überraschend, andererseits vielleicht nicht unerwartet, denn Misswirtschaft und Fehlentscheidungen hatten zu großem Bedeutungsverlust des einstigen Platzhirsches geführt. Und man kann sich zudem fragen, welchen Stellenwert lokale Audioplayer und Musiksammlungen heutzutage für junge Medienkonsumenten noch haben in Zeiten von Netzangeboten wie YouTube, Bandcamp, SoundCloud, Spotify oder Google Play.

Winamp selbst ist für mich als Windows-Nutzer untrennbar mit dem Entdecken des MP3-Formats Ende des letzten Jahrhunderts verbunden, denn das erste derart komprimierte Lied wurde mir eben in Winamp vorgespielt - wild 90s shit! Die Suche nach Skins und Visualisierungen dafür wurde fast wichtiger als das quälend langsame Herunterladen von oft miserabel encodierten und nicht getaggten Songs per Modem ("hast du schon von diesem Napster gehört?"); ich erinnere mich an das Cthugha-Plugin auf mehreren (?) 1,44"-Disketten.

Mit iTunes kam Anfang der 2000er dann das Konzept der Medienbibliotek auf, das auch irgendwann von Winamp integriert wurde. Das interessierte mich aber nicht mehr, weil ich musikCube entdeckt hatte. Das Programm von Casey Langen hatte eine schlichte, aber nicht hässliche Oberfläche (keine Skins!) und vier Konzepte sollten in den kommenden Jahren alle anderen Player für mich verleiden: schnelle Musikbibliothek, zugängliche Suchfunktion, Filteransichten für Künstler, Alben etc. sowie eine Liste der aktuell abzuspielenden Lieder ("Now Playing").

Da leider die Weiterentwicklung von musikCube bereits 2006 endete und alle Versuche scheiterten, weitere Programmierer an das Projekt oder den Nachfolger zu binden, blieb ein zwar im Kern funktionierender Audioplayer übrig, dem jedoch eine Menge moderner Funktionen fehlten, dafür ebenso viele Fehler enthielt (wer sich "mC" anschauen möchte, beachte bitte diese Hinweise).

Ich war damals nicht bereit, in meinen Augen aufgeblähte Software zu benutzen (oft auf .NET aufsetztend, das ich aus Prinzip nicht installierte). Viele Programme waren überladen bis hässlich oder ließen liebgewonnenene musikCube-Bedienkonzepte vermissen. Und auf ein Fernstudium, um foobar2000 meinen Wünschen entsprechend konfigurieren zu können, hatte ich keine Lust.

So blieb ich beim musikCube, selbst als er unter Windows 7 nicht mehr so ganz sauber lief und Mitte 2013 zudem die Website und das Forum weitgehend abgeschaltet wurden. Parallel nutzte ich zeitweise noch den winzigen Billy, der zwar keine Medienbibliothek besaß, aber man konnte viele Tausend Lieder unschlagbar schnell durchsuchen und in eine Wiedergabeliste einreihen (wenn die Dateien gut benannt waren, da es nur rudimentären Tag-Support gab). Das Programm von Sanne Schaap lag drei Jahre auf Eis, bevor es 2008 noch einmal kurzzeitig erweitert wurde - leider nicht um Unterstützung für AAC/MP4, was mittlerweile ärgerlich ist. Und im Dateimanager meiner Wahl FreeCommander (neue Version auch heiß erwartet) gebe ich Audiodateien via MPC-HC wieder - kaum ein Programm startet schneller!

All die Zeit war Winamp übrigens immer noch mit Musikdateien unter Windows verknüpft. Das verkündete Ende nahm ich dann zum Anlass, mich noch einmal umzuschauen. In jüngster Vergangenheit hatte ich bereits Clementine entdeckt, der früher keine globale Suchfunktion bot, aber mittlerweile zu einem nützlichen und schnellen Player gereift war - leider ohne Filteransichten, dafür mit beachtlicher Internet-Integration. Letzteres ist auch die Philosophie von Tomahawk, dafür finde ich dieses Programm weitgehend unbedienbar. MediaMonkey war für mich ein Moloch, viele andere Programme boten einfach nicht die zentralen musikCube-Ideen oder waren mir zu unansehnlich.

Und dann stolperte ich über MusicBee von Steven Mayall. Ich bin mir sicher, dass ich mir den Player vor Jahren schon einmal angeschaut hatte, aber jetzt überzeugte er mich fast sofort: Mit ein paar Einstellungen sind alle Konzepte von musikCube vorhanden und dessen klares Look and Feel weitgehend reproduziert. Dazu viele nette und fortgeschrittene Ideen, auch wenn die zahlreichen Konfigurationsmöglichkeiten bisweilen verwirrend präsentiert werden. Und das Wichtigste: Die Weiterentwicklung ist noch quicklebendig. Yeah!

PS: Wo ich schon einmal bei halbtoten Anwendungen bin: Ohne eine simple (!) Erweiterung der Windows'schen Zwischenablage kann ich nicht leben und da habe ich bis heute keinen adäquaten Ersatz für die letzte 2008er Beta von Francis Gastellus ClipX samt Stickies-Plugin gefunden (Nachteil: Unregelmäßig sammeln sich Megabytes an temporären Dateien an, die man jedoch händisch oder via Winapp2.ini löschen kann). Und David Carpenters famoses Desktop-Suchprogramm für Datei- und Ordnernamen Everything wurde zwar zuletzt nach vier Jahren Stillstand weiterentwickelt, ist aber offiziell auch noch in der Betaphase.

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