Lauschen

Dienstag, 27. Mai 2008

Jolly Goods

Ich lausche zwar recht häufig Musik, bin aber sicher kein audiophiler Hörer; großartiges Klangverständnis geht mir ab - ich kloppte nie in einer Musikschule auf Xylophone ein und verfluchte Dreiklängeraten im Musikunterricht. Was ist das überhaupt für ein Fach, in dem Instrumentalisten als Leistungsstandard genommen werden und die Normalsterblichen sowohl in Dur als auch Moll notentechnisch untergehen? Ich blende zudem einen wichtigen Teil der meisten populären Musik aus: Liedtexte werden von mir eigentlich nur bei deutschem Hip-Hop wahrgenommen (aktueller Tipp: Prezident).

Aber egal, ich wollte jetzt einfach mal ein Album jenseits meiner "Lauschen"-Sidebar empfehlen, nämlich her.barium von Jolly Goods - zwei Schwestern an Gitarre ("Tanja Pippi") und Schlagzeug ("Angy"). Mein musikalisches Genre- und Gattungswissen ist limitiert, also nur soviel: 30 Minuten lang werden schöne Melodien durch Schrei- und Schrabbelausbrüche gebrochen, wodurch die Platte doppelt interessant und abwechslungsreich gerät. Entdeckt in der 22. Rocknacht im WDR.
«Unterwegs zu sein macht uns, wie wohl jeden anderen Musiker auch, besonders froh, denn es ist die Art, wie wir es mögen unsere Songs zu präsentieren: Live, echt, brüllen, zertrümmern, weg. Jolly Goods auf Platte zu hören ist echt hart, aber live kann es schon mal unerträglich werden.» (Jolly Goods im I am the Empire-Interview)

Sonntag, 10. Dezember 2006

Gojira! [Update]

Heute nach Mitternacht um 00:05 auf Deutschlandradio Kultur:
Interview mit einem Monster, Doku-Hörspiel von Jörg Buttgereit.
«Jörg Buttgereit, in früher Jugend mit dem Monster-Virus infiziert, ist ausgewiesener Fachmann. In Tokio hat er den letzten noch lebenden Veteranen des Godzilla-Films getroffen: Endlich sitzt der langjährige Fan seinem Monster-Idol gegenüber, einem Mann, der einen Großteil seines Lebens im Godzilla-Gummi-Anzug steckte. Gemeinsam blicken sie auf die Fremdartigkeit japanischer Monsterkultur und fragen: Kann es eine Erlösung durch Trash geben?»
Meinung: Das Doku-Hörspiel war gut gemacht und unterhaltsam; als Fan konnte man sich über Godzillas Schrei, die bekannte Musik und die Erwähnung vieler Monster und Filmtitel freuen. Die kulturelle Bedeutung dieser Filme ("Kaiju Eiga") in Japan wurde erläutert und auch wie die Amerikaner damit umgingen (bspw. wird auch auf Roland Emmerichs Godzilla von 1998 eingegangen).
Etwas vermisst habe ich, inwiefern die Filme in Deutschland verändert/umgeschnitten wurden, wie sich die hiesigen DVD-Veröffentlichungen darstellen und eine Berücksichtigung der neueren Filme nach Emmerichs Version. Aber die Sendung war auch eher an Einsteiger ins Genre gerichtet, die sonst Godzilla & Co. immer mitleidig belächeln.

Montag, 27. November 2006

Straßenblag

Der Rapper Bushido veröffentlichte 2003 bei Aggro Berlin sein Album Vom Bordstein bis zur Skyline, das durchaus als moderner Klassiker des "deutschen Gangsta-Raps" gilt. Danach verließ er Aggro Berlin in Richtung Urban, ein zum Major Universal gehörendes Label. Dort brachte er seit 2004 drei Alben und eine DVD heraus und schwamm mit dieser Masse an Output auf der Aggro-Welle ins Bewusstsein der Öffentlichkeit. Auf der Strecke blieb da wohl die "Street Credibility" und auch die Qualität (man denke nur an die Single "Schmetterling" vom Electro Ghetto-Album - generell wird es bei Aggro & Co. peinlich, wenn es um ernstere Themen jenseits des "Blocks" geht).

2006 will Bushido nun den Weg Von der Skyline zum Bordstein zurück beschreiten, aber ob das künstlerisch auch gelingt, darf angesichts der Single "Sonnenbank Flavour" bezweifelt werden.

Das Musikvideo dazu ist ja immerhin recht gut gemacht, aber es ist - wie das Konzept hinter dem Lied selbst - von "MfG" (1999) der Fantastischen Vier geklaut, dessen spaßiger Text nur aus Kürzeln und Abkürzungen bestand. Vielleicht dachte sich Bushido, dass er jetzt eben eine "Gangsta-Variante" davon rausbringen kann - die Kiddies heutzutage werden sich eh nicht mehr an "MfG" erinnern. Blöd nur, wenn die Lyrics dann absolut peinlich daherkommen! Das ist zwar für deutsche "Gangsta"-Rapper nix neues, aber bei Bushido und als weit verbreitete Single hat das dann doch eine neue Dimension. So ist der Refrain an Lächerlichkeit schwer zu überbieten:
«Der Sonnenbank-Flavour, Solarium-Flow,
Zur Hilfe hast du deine Kameraden geholt.
Jungs, schaut mir in die Kerbe,
Sagt mir jetzt, wer ist straighter? (Straighter)
Das ist der Sonnenbank-Flavour.
Der Sonnenbank-Flavour,
Die künstliche Bräune,
Du kannst sie alle holen,
Komm, ich fick deine Freunde,
Jungs, gebt euch keine Mühe,
Für mich seid ihr alle Raver (Raver),
Das ist der Sonnenbank-Flavour.»
Was will uns Bushido damit sagen? Klar, er ist der Geilste und der Härteste - as usual. Aber braucht gerade Bushido ein Solarium...?! Justin Timberlake bringt uns sexy back, Bushido 'ne Sonnenbank - na toll! Im Text kopiert er dann auch noch von seinem Ex-Kumpel und Reimpansen, der "fetten Kartoffel" Fler (O-Ton Eko Fresh), der 2005 während des großen - von Eko damals promogünstig losgetretenen - HipHop-Beefs in "Du Opfer" recht gekonnt Eko disste: "Haargenau, das ist L.O.V.E., Ekrem und sie, HIV-positiv".

Bei Bushido, der sich mittlerweile Eko Fesh angenommen hat, klingt das auf Sido und seine Freundin Doreen (Ex-Nu Pagadi) umgemünzt nun so: "Doreen, Maskenmann: AIDS-Test positiv." Gähn!

Bushido hat mit einer der wenigen Textzeilen, die irgendwie einen ganzen Satz ergeben, absolut recht: "Alle Kids überall gehen raus Album holen". Seine Single und sein Album sind in den Charts momentan auf Platz 15 bzw. 26, Hauptkäufer sicher Minderjährige, für die Aggro-artiges trotz diverser Bodensatz-Releases immer noch "cool" ist. Aber damit schafft man bestimmt kein Credibility-Comeback, erst recht nicht wenn Eko Fresh im Video als "hässlicher Bengel" (O-Ton Fler) die Fenster putzt.

Nachdem aber offensichtlich der German Dream nur eine Luftnummer war, macht Eko das, was er am besten kann: Als zweite Geige rappen (Kool Savas wird's freuen). Aber keine Panik:

germandream
(Bestechende Logik, oder? :-)

Und während Bushido immer noch die "G-Unit Germany" beschwört, beendet Sido als kommerzieller Vorreiter des "deutschen Gangsta-Raps" denselben in seiner aktuellen Single "Straßenjunge" - nun gibt es nur noch Ghetto- oder Gossenrap. Da mag dann im Musikclip auch der Hamburger Samy Deluxe gerne seinen Mittelfinger in die Kamera strecken.

PS: Kauft lieber Die Pfütze des Eisbergs von Dendemann!

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