The Witcher 2
Andrzej Sapkowskis Geschichten über Geralt von Riva sind hierzulande zwar veröffentlicht worden (sogar der polnische Kinofilm), aber bekannter mögen die beiden Spielumsetzungen von CD Projekt sein. Ende 2007 erschien das ambitionierte Rollenspiel The Witcher, das jedoch unter diversen technischen Unzulänglichkeiten litt. Dafür herrschte in der Welt des Hexers Geralt - ein mutierter Monsterjäger - ein ungewohnt rauer Tonfall samt Rassismus gegenüber nichtmenschlichen Völkern, elfische Terroristen verübten Anschläge, während Intrigen und Machtkämpfe die verschiedenen Königreiche zu erschüttern drohten. Ende 2008 wurde eine "Enhanced Edition" veröffentlicht, die viele Mängel ausbesserte; eine geplante Konsolenfassung wurde abgeblasen.
Der direkte Nachfolger The Witcher 2 - Assassins of Kings kam Mitte 2011 auf den Markt und machte einen großen technischen Sprung nach vorne: Die im Erstling schon atmosphärische Grafik war nun stellenweise atemberaubend, obschon dies mit einer kleineren, oft beschränkten Spielwelt erkauft wurde. Steuerte man The Witcher am besten noch aus klassischer Vogelperspektive mit Maus, ist der Nachfolger zu einem reinrassiges Action-RPG mit Gamepad-Unterstützung geworden. Letztere funktionierte in den anfangs fordernden Kämpfen zwar sehr gut, aber zickte in den eher umständlichen Menüs wie Tagebuch oder Inventar herum. Dies änderte sich auch nur bedingt nach dem massiven "Enhanced Edition"-Update Mitte 2012 (als die Konsolenversion erschien).
Geblieben waren die rauen, vorzüglich vertonten Dialoge, interessanten Charaktere und mehrschichtigen Quests. Je nach Entscheidungen verlief der Großteil des Spieles gar stark unterschiedlich! Ich wählte den leider wohl schwächeren der beiden Hauptstränge, bezogen auf Quests, Schauplätze als auch NSCs. Das führte dazu, dass The Witcher 2 trotz seiner im Gegensatz zum ersten Teil stringentere Geschichte mit der Zeit leider abbaute - ein hervorragendes Rollenspiel blieb es stets. Mich störte generell, dass die Quests nicht mehr so abwechslungsreich waren wie im ersten Teil, auch wenn dort vieles zusammengewürfelt wirkte - und Skripte und Zwischensequenzen sich gerne verschluckten. Auch der zweite Teil ist in Details noch unbeholfen (bspw. bei der Informationsvermittlung, immer nach Gesprächen das Tagebuch lesen!), aber kein Vergleich zu den Ecken und Kanten von The Witcher. Der Nachfolger ist spürbar mainstreamiger, was zwar beileibe nicht zum Verlust der Identität führt, aber auch nicht überall zu Verbesserungen (z.B. dass Tränke nur noch vor einem Kampf eingenommen werden können).
Man darf daher etwas skeptisch sein, wenn The Witcher 3 eine erstmals offene Welt mit einer variablen, trotzdem tiefen Geschichte vereinen möchte. Ob man pauschal wieder ein Jahr nach Erscheinen warten sollte, bis das Spiel dann ausgereift ist...? Die ersten beiden The Witcher-Teile sind ohnedies außergewöhnliche Rollenspiele mit einer interessanten Fantasy-Welt, tollen Figuren (die zudem eindrucksvolle Klamotten tragen), verzwickten Geschichten und den wahrscheinlich besten Dialogen des Genres. Möge Geralts Freund und Barde Rittersporn sie ewig besingen!
The Witcher 2 - Assassins of Kings: Enhanced Edition (PC/360)
CD Projekt RED 2011-2012 | MobyGames | OGDb
Game Director: Adam Badowski
Technical Director: Tomasz Jonarski
Trackback URL:
https://homisite.twoday.net/stories/326206931/modTrackback