Opium fürs Volk: Herr der Ringe in Concert

Es ist schon beachtlich, wie Jahre nach der triumphalen Kinotrilogie von Peter Jackson (2001-2003) das Franchise immer noch gemolken werden kann. So zieht beispielsweise derweil das Warschauer Sinfonieorchester durch Deutschland und führt Howard Shores Original-Soundtrack auf, unterstützt von einem großen Chor - insgesamt über 200 Mitwirkende.

Am Dienstag gastierten die Sinfoniker in Dortmund in der Westfalenhalle 2. Das bedeutete schon einmal Abstriche in der Location, denn anstatt eines edlen Konzertsaals erwartete die Besucher eine große Schulaula aus den 70ern oder 80ern. Die aufgestellten Stuhlreihen waren in zwei "Parkette" aufgeteilt und es gab auch Platzeinweiser - kein Wunder bei Sprüngen in der Nummerierung von 21 auf 27. Wir saßen weit hinten und mussten trotzdem jeweils über 40 Euro zahlen. Der Eintrittspreis hatte aber keine abschreckende Wirkung, denn das Publikum passte zu der Örtlichkeit und füllte den Saal zu vielleicht vier Fünfteln.

Gegen 20:00 Uhr betraten dann die Musiker und Sänger in geordneter Reihenfolge die Bühne, bevor die Dirigentin den musikalischen Abend eröffnete. Untermalt wurde die Aufführung durch eine eher dezente Lichtshow, die meistens nur den Chor in blaues oder rotes Licht rückte; einmal wurde auch Saurons suchendes Auge angedeutet, welches den Zuschauerraum durchstreifte. Eine Leinwand hinter dem Chor diente zudem als Projektionsfläche für verschiedene Animationen wie Flüge über Berge, eine brennende Kerze, den Einen Ring oder auch Schwerter. Keines der Motive entstammte jedoch aus den Filmen, die Schwerter schienen zudem mit wenig Aufwand am Computer erstellt worden zu sein - und oft ruckelte das Bild peinlich immer an denselben Stellen, denn viel Abwechslung gab es nicht zu sehen.

Im Vordergrund stand klar die Musik und glücklicherweise war die Akustik ansprechend. Einzig die elektronische Verstärkung des Chors war unnötig, da die Lautsprecheranlage bei episch-gewaltigen Passagen zu dröhnen begann. Generell ist die Herr der Ringe-Musik nach meinem rudimentären Verständnis klassischer Musik schon sehr gut, baut aber als Soundtrack zum einen auf Songstrukturen als auch auf einigen bekannten Motiven auf, die dann eben variiert werden. Das bekannteste Motiv des Soundtracks kam erst recht spät, aber danach bemerkte man natürlich schon Wiederholungen. Ohne die emotionale Bindung durch Kenntnis der Filme dürfte der Abend schnell langweilig werden, obschon der Chor stimmgewaltig für einige Gänsehautmomente sorgte.

Welche Stücke genau gespielt wurden, weiß ich nicht, da ich den Soundtrack nicht so gut kenne; zwei Gesangsstücke aus den Filmabspännen wurden von einer Solistin präsentiert. Diese wurden besonders von den Fanboys bejohlt und beklatscht. Generell bürgerte es sich ein, nach jedem Stück zu klatschen - das ist doch normalerweise nicht Usus im Konzert, oder? Zumindest schien gegen Ende des Abends die Dirigentin davon auch genervt und erhob den Taktstock bereits wieder mittem im Applaus. Um 22:00 Uhr war dann mit Standing Ovations Schluss, inklusive 20 Minuten Pause. Mich wunderte, dass die Fanboys nicht "Zugabe" brüllten.

Alles in allem war es ein netter Abend mit gut dargebotener Musik und mäßiger Visualisierung. 40 Euro dürfte es aber nur erklärten Fans der Filme wert sein.

HdR Halle1

"Das Bier von Weltruf" - Lockruf für den Pöbel?

HdR Halle2

Stehender Applaus - die Fanboys im Glücksrausch

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