Blind Guardian in Krefeld

Dass ich nicht für die Wirtschaftswissenschaften geeignet bin, zeigt folgende Gegenüberstellung: Fast 150 EUR Gesamtausgaben (die ich zum Glück nicht alleine tragen musste) und an die zwölf Stunden An- und Abreise für etwas mehr als drei Stunden Musik...

Am Freitag Abend rief mich mein Bruder an, ob ich nicht kurzfristig mit auf das Abschlusskonzert von Blind Guardian wolle - am Samstag. Nach etwas Überlegen und Geldzählen sagte ich zu und machte mich am Vormittag des nächsten Tages auf nach Krefeld, der Spielstätte und Heimatstadt der Metal-Band. Die Bahn hatte zwar Verspätung wegen eines Gleisbruchs irgendwo, aber mehr oder weniger auf die Minute genau erwischten sowohl mein Bruder als auch ich noch den Anschlusszug in Dortmund zum Düsseldorfer Flughafen. Hier wurden wir dann von dem "dritten Viertel" unseres 2005er Road Trips durch Schottland mit dem Auto abgeholt - ab nach Krefeld.

Das Konzert fand in der "KönigPALAST"-Eishalle statt, die noch nicht besonders gefüllt war, als wir kurz nach 18:00 das Gebäude betraten und unsere sichttechnisch hervorragenden Sitzplätze *hust* auf der Tribüne einnahmen. Es wurde nur eine Hälfte der Halle genutzt; Einlass war seit 17:00. Um kurz vor 19:00 betrat dann der erste "Special Guest" die Bühne: Astral Doors als Vorband. Schon beim allerersten Gitarrenakkord wurden zwei Dinge deutlich:

1. Die Lautstärke war jenseits von Gut und Böse. Wer Sehnsucht nach Taubheit oder Tinnitus hatte, musste einfach wenige Minuten ohne Hörschutz verbringen.

2. Der Sound war scheiße! Richtig scheiße! Nun gut, Astral Doors war nicht die Band, bei der man dadurch viel verpasste, aber im Hinblick auf die komplexen Lieder von Blind Guardian ließ der von Tieftönen dominierte und wiederhallende Soundbrei, bei dem nur noch Gesang und Schlagzeug zu identifizieren waren, unsere Laune schlagartig sinken.

Immerhin unterhielten uns die astralen Türen mit lachhaften Spagatposen der Gitarristen, während der Sänger die immer noch überschaubaren und wenig mitgerissenen Besucher zum Mitgehen animieren wollte - das traurige Los einer Vorband. Leider spielte sie recht viele und gleichklingende Lieder, am Ende blamierte sich der Sänger noch mit "It's time to... It's time to... It's time to... It's time to ROCK!" Das war dann auch der letzte Songtitel.

Nach einer kurzen Umbauphase kam der zweite Special Guest, die deutsche Band Leaves' Eyes - Sängerin, grunzender Zweitsänger und Musiker, also so etwas wie Within Temptation oder Nightwish. Der Sound wurde leider nicht besser, auch wenn an den Mischpulten zeitweise vier Leute herumwuselten.
Aber auch die Blätteraugen boten Unterhaltungswert jenseits der Musik: Schon erwähnter Sänger sprang zu Beginn noch wie Rumpelstilzchen von einem Bühnenende zum anderen, versuchte zwischendurch Stimmung beim Publikum zu erzeugen und headbangte bei jeder unpassenden Gelegenheit, damit seine überlangen Haare auch gut zur Geltung kamen. Leaves' Eyes waren mit Blind Guardian auf Welttournee und in der Zeit hat der gute Mann sicher nicht seine Haare geschnitten - sie gingen ihm über den Arsch! Wenn's kalt ist, kann er sich darin einwickeln, Klopapier braucht er wohl auch keines und sollte er einmal seine Haarpracht an Perückenmacher verkaufen, muss er wohl nie mehr arbeiten.
Vielleicht ist seine Mähne aber auch sehr schwer, denn nach jedem zweiten Lied verschwand er hinter der Bühne. Und den hüpfelnden Gang zeigte er auch nicht mehr.

Dann war auch die zweite und letzte Vorband weg, die Hälfte der Mischpulte wurde abgebaut und das lange Warten auf Blind Guardian begann. Ich ging daraufhin zum Tonmeister, einem abgeklärten Roadie, der bestimmt schon mit den allerersten Metal-Bands auf Tour war. Dieser erzählte, dass leider die Halle Schuld an dem indiskutablen Sound sei, da der unverkleidete Beton und die Fensterfronten der VIP-Lounges alles zurückwerfen; immerhin fanden dann aber noch ausführlichere Soundchecks statt.

Um kurz vor 21:30 - die Halle war offensichtlich nicht ausverkauft - ertönte schließlich "War Of Wrath" und die Guardians begannen ihre Show mit "Into The Storm", begleitet von gelungenen Lichteffekten und Videoprojektionen. Positive Überraschung: Der Sound war merklich besser, die Melodien der Gitarren(-soli) gut hörbar. Scheinbar wurden alle bassigen Instrumente radikal heruntergeregelt, trotzdem gab es noch Überlagerungen und als befriedigend konnte die Tonqualität sicher nicht bezeichnet werden. Wie sagte mein Bruder: Bei den Vorbands war es tiefste Nacht, jetzt ahnte man zumindest den Sonnenaufgang.

Im folgenden spielte Blind Guardian alle bedeutenden Hits, sei es "Valhalla", dessen Refrain ausdauernd vom Publikum gesungen wurde oder der komplett von den Fans vorgetragene "Bard's Song" (da waren wir aber gerade draußen um Getränke zu holen und anschließend den Weg vor die Bühne zu suchen). Mein Favouriten wie "Another Stranger Me" oder auch "Welcome to Dying" waren natürlich ebenso dabei.
Etwas zu sehr kokettierte Sänger Hansi Kürsch mit "wir spielen jetzt doch noch weiter" oder "letztes Lied", am Ende kam die Band zweimal zu längeren Zugaben zurück - den Abschluss nach zwei Stunden und 19 Liedern bildete das lang erwartete "Mirror Mirror".

Alles in allem war das Konzert doch gut und angemessen lang. Zwar hätte man eventuell bei einem Abschlusskonzert etwas besonderes erwarten können, aber zum einen war der Sound halt Mist, zum anderen hatte ich die Band noch nie live gesehen. Also: Meidet den Krefelder KönigPALAST und kauft euch Blind Guardian-Alben!

Blind Guardian 1

Blind Guardian 2
Update: Kleinere Berichtigungen und Ergänzungen

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