The Dark Knight

Hype, Heath und Platz 3 in der Top 250 der Internet Movie Database - "The Dark Knight" ist das Filmereignis des Jahres. Christopher Nolans zweiter Teil seiner Neuinterpretation mit Christian Bale als Flattermann führt selbstbewusst nicht einmal "Batman" im Titel und schaffte den erfolgreichsten Kinostart aller Zeiten. Ohne Kenntnis von Batman begins und einzelner Comics, dafür mit dem Versuch einer Ausblendung der Kritikerverzückung über The Dark Knight besuchte ich das hiesige CinemaxX - und wurde nicht enttäuscht. Jedoch kann ich auch nicht einfach in die Lobeshymnen einstimmen, weswegen der folgende Text nun negativer klingen wird als gemeint.

Der Film erzählt von der Hoffnung auf eine friedliche Zukunft in der US-Großstadt Gotham City in Gestalt des effizient durchgreifenden Bezirksstaatsanwalts Harvey Dent, die durch das Auftauchen des unberechenbaren Schurken "Joker" zerplatzt. Batman, der außergesetzliche Beschützer der Stadt und nächtliches Alter Ego des Milliardärs Bruce Wayne, gerät an seine Grenzen im Kampf gegen den Joker. Selbst die Mafia muss erkennen, dass sie die Büchse der Pandora geöffnet hat, indem sie ihn ins Boot holte...

Batman ist ein "Superheld" ohne übernatürliche Fähigkeiten, seine Superkräfte sind Technik und Verstand. The Dark Knight ignoriert alle sonstigen phantastischen Bestandteile des Batman-Universums, reduziert sich mit einem Genrewechsel vom "klassischen" Superheldenfilm Marke Spider-Man und Co. zu einem realistischen Actiondrama um einen Mann im Kampfanzug, der bei seiner rechtschaffenen Jagd auf einen wahnsinnigen Antagonisten zu verzweifeln droht.

Batman, der "dunkle Ritter", ist die Schattenseite Bruce Waynes, jedoch nicht in Tradition eines Mr. Hyde, denn er bleibt ein selbstloser Streiter des Guten. Doch der Joker in The Dark Knight ist ein solch irrationales Element, ein Zerstörer, dessen wahre Absichten und Werte ebenso unklar bleiben wie seine Herkunft und Identität, dass Batman schließlich bereit ist zu kapitulieren.
Die Reduktion im Film umfasst also auch die Entstehung des Gegenspielers, seine Motivation. In den früheren Verfilmungen von Tim Burton oder Joel Schumacher war die Genese des Bösen noch ein wichtiger Pfeiler, in The Dark Knight existiert der Joker einfach, um Angst, Schrecken und Terror zu verbreiten. Geprägt von "9/11" wird die Machtlosigkeit der eigentlich Mächtigen im Krieg Kampf gegen einen unbeherrschbaren, unverständlichen Gegner offenbar. In The Dark Knight gibt es beim Joker nichts zu verstehen, er ist ein archetypischer Anarchist, der planvoll keinen Plan verfolgt (und in meinen Augen auch nicht mehr so stark spiegelbildlich zu Batman konzipiert ist, obschon der Joker natürlich Batman als seinen zentralen Widersacher betrachtet). Kann man in solch finsteren Zeiten obsiegen, ohne von seine Idealen abzurücken?

Diese Frage steht im Raum, diese Frage schwingt auch im Filmtitel mit. Um eine Antwort drückt sich The Dark Knight. Batman blickt nur kurz in den Abgrund, dieser nicht zurück; ein "dunkler Ritter" ist Batman vor allem nur wegen seines Anzuges. Klar, er langt ordentlich zu und bricht zahlreiche Knochen - den Kampfgeräuschen nach, denn wirklich zu sehen bekommt der Zuschauer derartiges nicht. Jedoch zieht Batman sich in einer seiner Meinung nach aussichtlosen Situation lieber zurück, möchte den Umhang an den Nagel hängen (und die Stadt im Stich lassen?). Konflikt umgangen, er bleibt moralisch integer. Langweilig.

Was nun aber nicht auf den ganzen Film bezogen ist! The Dark Knight ist hervorragend inszeniert, bietet einige vorzüglich fotografierte Szenen, sehr gelungene Musik und eine namhafte Besetzung. Erwähnt werden muss hier Heath Leadgers Interpretation des Jokers, der den Wahnsinn mit Methode beeindruckend transportiert (auch wenn mir persönlich der Einsatz seiner Zunge nicht so zusagte, aber ich war auch von Batmans Sprachverzerrung leicht genervt); Gary Oldman gefällt als späterer Commissioner Gordon, Aaron Echhart als Harvey Dent. Die anderen Schauspieler inklusive Christian Bale verblassen gegen dieses Dreigestirn etwas.
Das Terrorchaos in Gotham City und die Verunsicherung der Stadtbevölkerung in der zweiten Filmhälfte wird superb eingefangen, hier hat der Film sehr eindrucksvolle Momente. Überraschenderweise sind die Actionszenen nicht außergewöhnlich, die zentrale Autoverfolgung in weiten Teilen gar recht unspektakulär. Ein weiteres Indiz, der die "innneren Werte" des Films im Mittelpunkt stehen sollen?

Der moralische Zwist, dem sich der Film wie beschrieben entzieht, wird zum Ende nochmals durch des Jokers allgegenwärtige Bomben verschärft, jedoch an dieser Stelle in meinen Augen wiederum unbefriedigend und vor allem unglaubwürdig aufgelöst:
Nach Saw-Art - wie es im Film öfter vorkommt - führt die eigene Rettung nur über ein großes Opfer, doch wird dieses dann gar nicht nötig und eine eher plakative Moralauffassung blitzt auf. Man mag es als Glauben an die Humanität auffassen, wenn Menschen selbst in Todesgefahr ihren Gemeinschaftssinn über den Selbsterhaltungstrieb stellen, für mich hat The Dark Knight dort wiederholt Angst vor seiner eigenen Courage bekommen und sich wohl daran erinnert, dass er immer noch ein Hollywood-Blockbuster sein und niemanden verstören soll.

Dies ist dann auch meine Kernkritik: The Dark Knight ist nicht mutig genug, das "Dunkle" wird oft nur behauptet. Es gibt zwar einige tragische Verluste zu beklagen, ein vom Joker pervertierter "Two-Face" mit leicht übertriebener CGI-Fratze bleibt am Ende aber das einzige ideelle Opfer.
Kleinigkeiten wie logisch holprige Geschehnisse sowie ein Ausfall im realistischen Gesamtbild durch eine lächerliche Technologie bei ansonsten sehr spärlichen Bat-Gimmicks störten mich noch, auch war mir der Film mit über 150 min insgesamt ein wenig zu lang; anstatt in der Filmmitte ein narrativ zwar schon schlüssiges retardierendes Moment aber auszuwalzen, hätte die gesamte Handlung stringenter und dann konsequenter aufgebaut werden können.

Ein sehr gutes Werk, das jedoch in meinen Augem in wenigen, aber entscheidenden Momenten seinem düsteren Anspruch nicht gerecht wird. [4/5]

The Dark Knight
USA 2008 | IMDb | OFDb
Regie: Christopher Nolan
Buch: Christopher & Jonathan Nolan, David S. Goyer
Darsteller: Christian Bale, Heath Ledger, Aaron Eckhart, Maggie Gyllenhaal, Michael Caine, Gary Oldman, Morgan Freeman u.a.

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