The Walking Dead
Zombies und Fernsehen - in blutrünstiger Tradition à la George A. Romero schien diese Kombination unmöglich, bis spätestens Spartacus die Grenzen der Gewaltdarstellung im TV neu auslotete. Abgesehen vom britischen Dead Set war die Comicadaption The Walking Dead Ende 2010 dann Vorreiter. Sie beruhte auf der gleichnamigen und viel gelobten Comicreihe, die seit 2003 erscheint und mir nicht bekannt ist (außer, dass sich die Fernsehserie wohl ziemlich von der Vorlage entfernt). Es folgen Spoiler.
Der Polizist Rick wacht nach einer Schussverletzung im Krankenhaus auf und hat die Zombie-Apokalypse verschlafen. In eindrucksvollen und auch drastischen Bildern wird das Ende der bekannten Welt gezeigt, obschon die Perspektive immer beschränkt bleibt: Was wie wo genau passierte, ist auch nach zwei Staffeln kaum bekannt. So kämpft sich die Hauptfigur durch verheerte Städte und Horden von Untoten auf der Suche nach seiner Familie. Recht zufällig findet er seine Frau Lori und seinen Sohn Carl in einer kleinen Gruppe von Überlebenden, ebenso seinen besten Freund und Kollegen Shane. Der hat jedoch mittlerweile ein Verhältnis mit Ricks Frau begonnen - Konfliktpotential. Doch in der ersten, nur sechs Folgen umfassenden Staffel wird dieses Potential selten genutzt. Für die wenigen Episoden besteht die Gruppe aus zu vielen Personen, der Zuschauer kann so kaum eine emotionale Beziehung zu den Charakteren aufbauen. Natürlich gibt es fortwährend Opfer, doch als quasi Unbekannte wirken deren Tode wenig dramatisch.
Zum Finale der ersten Staffel, die überwiegend im urbanen Raum spielte, scheinen Antworten in Reichweite. Die deprimierende Erkenntnis: Die Suche nach einem Heilmittel scheiterte bisher, selbst Wissenschaftler kapitulieren. So verlässt die ausgedünnte Gruppe das Sinnbild der Zivilisation, die Stadt, und findet sich alsbald auf einer abgeschiedenen Farm wieder (ein zivilisatorisches Western-Motiv). Hier wirft die Serie die Chance auf inhaltliche Besserung über Bord, denn zum einen ist das Farmland trotz naher Kleinstadt natürlich deutlich abwechslungsärmer als eine Metropolregion. Zum anderen wird die endlich überschaubare Truppe gleich wieder verstärkt durch die auf dem Bauernhof lebende Großfamilie.
The Walking Dead wird durch dieses Ungleichgewicht zwischen Figurenvielzahl und Erzählsträngen gelähmt, die Handlung kriecht dahin und tatsächlich wird die Farm bis zum Ende der 13teiligen zweiten Staffel der Schauplatz bleiben (wahrscheinlich aus Budgetgründen). Alte Charaktere wachsen nicht ans Herz, weil es zu viele neue gibt und die Serie außerdem ein Sympathieproblem hat: Ehefrau Lori zickt beispielsweise fortwährend herum und scheint wankelmütig bloß die Spannungen zwischen Rick und Shane anheizen zu sollen. Letzterer wird als entschlossener, aber auch kaltblütiger Macher zunehmend und einseitig zum Buhmann abgestempelt. Und der ältere Dale, in Staffel 1 wohl meine Lieblingsfigur (ein Fußlahmer in einer Zombiewelt - wie bezeichnend), entwickelt sich zu einem konstant vor dem ach so gefährlichen Shane warnenden Nervtöter.
Rick steht unter dem Einfluss der beiden, freudianisch ist er das Ich der Serie, während Dale das Über-Ich (Zivilisation) und Shane das Es (Überlebenskampf) verkörpert. Beide sterben zum Ende, als der Zuschauer schon längst die Geduld mit ihnen verloren hat, ergo keine emotionale Wirkung. Zumal mit dem Farmbesitzer Hershel ein Ersatzrentnermoralist für Dale vorhanden ist, der statt Autos Menschen zusammenflicken kann. Rick, der seinen Freund Shane töten musste, weil dieser in dezentem Wahn wiederum Rick erschießen wollte, ist zum Finale der Staffel der verhärtete Anführer - da hat dann wohl eher Shane als Dale den Kampf um seine Seele gewonnen. Ricks Familie ist zumindest oberflächlich noch intakt, als er den Anderen eröffnet: Jeder ist infiziert und wird nach dem Tod zum Wiedergänger werden.
Nachdem die Farm von Zombies, die sich sonst eher rar machten, überrannt wurde und die Gruppe aufgrund diverser Dämlichkeiten noch ein paar unwichtige Figuren verlor, wird als nächster Handlungsort ein Gefängnis angedeutet - "Sicherheit oder Falle?" In der Gruppe, die in den Augen mancher Mitglieder zerbrochen ist/war (was aber eher behauptet als ausgespielt wurde), scheinen die größten Konfliktherde ausgemerzt. Ob deswegen erneut weitere Figuren eingeführt werden? Wahrscheinlich. Zumal die Überlebenden für mich als Sympathieträger weitgehend verbrannt sind. Eine beinahe surreale Szene lässt immerhin hoffen: Eine vermummte Gestalt köpft Zombies mit einem Samuraischwert und zerrt zwei armlose Untote an Ketten mit sich!
The Walking Dead ist ein großer Zuschauererfolg, obschon die Qualität wie auch bei American Horror Story oder The River leider nicht mit den Erwartungen und Verheißungen mithalten kann. Aber alle diese Serien besetzen Nischen, wodurch sie zumindest noch Interesse und Hoffnung wecken. The Walking Dead wirkt jedoch nach ungefähr doppelt so vielen Episoden blutleer, trotz saftiger Splattereffekte. Vielleicht offenbart sich hier George A. Romeros Kulturpessimismus: Zombiehafte Erzählzeit und Handlungsarmut wird vom Zuschauer goutiert - das überstrapazierte Bild des hirntoten Fernsehguckers, der von Reiz zu Reiz wankt.
Staffel 3 >>
Der Polizist Rick wacht nach einer Schussverletzung im Krankenhaus auf und hat die Zombie-Apokalypse verschlafen. In eindrucksvollen und auch drastischen Bildern wird das Ende der bekannten Welt gezeigt, obschon die Perspektive immer beschränkt bleibt: Was wie wo genau passierte, ist auch nach zwei Staffeln kaum bekannt. So kämpft sich die Hauptfigur durch verheerte Städte und Horden von Untoten auf der Suche nach seiner Familie. Recht zufällig findet er seine Frau Lori und seinen Sohn Carl in einer kleinen Gruppe von Überlebenden, ebenso seinen besten Freund und Kollegen Shane. Der hat jedoch mittlerweile ein Verhältnis mit Ricks Frau begonnen - Konfliktpotential. Doch in der ersten, nur sechs Folgen umfassenden Staffel wird dieses Potential selten genutzt. Für die wenigen Episoden besteht die Gruppe aus zu vielen Personen, der Zuschauer kann so kaum eine emotionale Beziehung zu den Charakteren aufbauen. Natürlich gibt es fortwährend Opfer, doch als quasi Unbekannte wirken deren Tode wenig dramatisch.
Zum Finale der ersten Staffel, die überwiegend im urbanen Raum spielte, scheinen Antworten in Reichweite. Die deprimierende Erkenntnis: Die Suche nach einem Heilmittel scheiterte bisher, selbst Wissenschaftler kapitulieren. So verlässt die ausgedünnte Gruppe das Sinnbild der Zivilisation, die Stadt, und findet sich alsbald auf einer abgeschiedenen Farm wieder (ein zivilisatorisches Western-Motiv). Hier wirft die Serie die Chance auf inhaltliche Besserung über Bord, denn zum einen ist das Farmland trotz naher Kleinstadt natürlich deutlich abwechslungsärmer als eine Metropolregion. Zum anderen wird die endlich überschaubare Truppe gleich wieder verstärkt durch die auf dem Bauernhof lebende Großfamilie.
The Walking Dead wird durch dieses Ungleichgewicht zwischen Figurenvielzahl und Erzählsträngen gelähmt, die Handlung kriecht dahin und tatsächlich wird die Farm bis zum Ende der 13teiligen zweiten Staffel der Schauplatz bleiben (wahrscheinlich aus Budgetgründen). Alte Charaktere wachsen nicht ans Herz, weil es zu viele neue gibt und die Serie außerdem ein Sympathieproblem hat: Ehefrau Lori zickt beispielsweise fortwährend herum und scheint wankelmütig bloß die Spannungen zwischen Rick und Shane anheizen zu sollen. Letzterer wird als entschlossener, aber auch kaltblütiger Macher zunehmend und einseitig zum Buhmann abgestempelt. Und der ältere Dale, in Staffel 1 wohl meine Lieblingsfigur (ein Fußlahmer in einer Zombiewelt - wie bezeichnend), entwickelt sich zu einem konstant vor dem ach so gefährlichen Shane warnenden Nervtöter.
Rick steht unter dem Einfluss der beiden, freudianisch ist er das Ich der Serie, während Dale das Über-Ich (Zivilisation) und Shane das Es (Überlebenskampf) verkörpert. Beide sterben zum Ende, als der Zuschauer schon längst die Geduld mit ihnen verloren hat, ergo keine emotionale Wirkung. Zumal mit dem Farmbesitzer Hershel ein Ersatz
Nachdem die Farm von Zombies, die sich sonst eher rar machten, überrannt wurde und die Gruppe aufgrund diverser Dämlichkeiten noch ein paar unwichtige Figuren verlor, wird als nächster Handlungsort ein Gefängnis angedeutet - "Sicherheit oder Falle?" In der Gruppe, die in den Augen mancher Mitglieder zerbrochen ist/war (was aber eher behauptet als ausgespielt wurde), scheinen die größten Konfliktherde ausgemerzt. Ob deswegen erneut weitere Figuren eingeführt werden? Wahrscheinlich. Zumal die Überlebenden für mich als Sympathieträger weitgehend verbrannt sind. Eine beinahe surreale Szene lässt immerhin hoffen: Eine vermummte Gestalt köpft Zombies mit einem Samuraischwert und zerrt zwei armlose Untote an Ketten mit sich!
The Walking Dead ist ein großer Zuschauererfolg, obschon die Qualität wie auch bei American Horror Story oder The River leider nicht mit den Erwartungen und Verheißungen mithalten kann. Aber alle diese Serien besetzen Nischen, wodurch sie zumindest noch Interesse und Hoffnung wecken. The Walking Dead wirkt jedoch nach ungefähr doppelt so vielen Episoden blutleer, trotz saftiger Splattereffekte. Vielleicht offenbart sich hier George A. Romeros Kulturpessimismus: Zombiehafte Erzählzeit und Handlungsarmut wird vom Zuschauer goutiert - das überstrapazierte Bild des hirntoten Fernsehguckers, der von Reiz zu Reiz wankt.
Staffel 3 >>
Du glaubst vielleicht, dass ich scherze, aber ich meine das verfickt ernst!