Donnerstag, 28. Februar 2008

I'm a Cyborg, but that's OK

Den (nationalen) Durchbruch feierte der Regisseur Park Chan-Wook im Jahr 2000 mit dem innerkoreanischen Grenzdrama Joint Security Area, woraufhin er seine heute berühmte Rachetrilogie in Angriff nahm und 2002 Sympathy for Mr. Vengeance präsentierte, ein nihilistisches Meisterwerk und Kloß im Hals des Zuschauers. International erfolgte dann der Ritterschlag 2004 in Cannes für Oldboy (2003), ebenfalls ein herausragender Film, jedoch schon nicht mehr so grimmig wie SfMV (den Abschluss der Trilogie, Lady Vengeance von 2005, kenne ich noch nicht).

Zumindest hatte Chan-Wook nun absolute Narrenfreiheit und drehte 2006 I'm a Cyborg, but that's OK (allein was für ein Titel!), der dank der Bekanntheit des Regisseurs auch im offiziellen Wettbewerb der Berlinale 2007 lief - das versprach eine Kinoauswertung. Auf dem Fantasy Filmfest, auf dem ich in den Jahren zuvor SfMV und Oldboy erleben durfte, konnte ich den Film dann leider nicht sehen und der reguläre Kinostart fand schließlich erst Mitte Januar 2008 in ausgewählten Lichtspielhäusern statt (Spielplan). Zum Glück auch in meiner Nähe!

Während in JSA und SfMV Freundschaft und Liebe in gewisser Weise das auslösende Moment der Handlung und damit der Katastrophe waren, ist dies bei I'm a Cyborg, but that's OK umgekehrt: Der tragische Grund, warum die Protagonistin Young-Gun zu Beginn in die Irrenanstalt eingewiesen wird, liegt eigentlich weit in der Vergangenheit. Am Ende wird das Mädchen, das sich für einen Cyborg hält und darum nichts isst, aber Liebe und ihr persönliches Glück finden - denn der Film ist nichts anderes als (sehr wunderliche) Romantic Comedy.

Langweiligen Kitsch muss man nicht befürchten, denn über weite Strecken führt der Film die verschiedenen Patienten und ihre Krankheiten, Marotten, Alltagsprobleme und Beziehungen untereinander ein, was erwartungsgemäß bereits für viel Heiterkeit und Situationskomik sorgt.
Herausragend wird es dann, wenn die Kamera die Wahrnehmung der Verrückten - oder passender Wahnsinnigen - einnimmt und so die Realität verdreht.
In diesen Szenen explodiert der Film in überraschenden Einfällen und visuellen Tricks, springt "typisch asiatisch" munter durch alle Genres und dürfte unaufgeschlossene Zuschauer ob der gezeigten "Wahnwitzigkeiten" vor den Kopf stoßen. Alle anderen hängen laut lachend oder berührt in ihren Sitzen.
Lange Zeit ist sich der Zuschauer zudem nicht völlig sicher, ob die absonderlichen Fähigkeiten der Insassen wirklich nur Wahnvorstellungen sind. Könnte Young-Gun vielleicht doch ein Cyborg sein?

Der manische Dieb Il-Sun, der anderen Charaktereigenschaften klauen kann (!), macht es sich schließlich zur Aufgabe, Young-Gun beizustehen, die als Cyborg natürlich nichts zu sich nehmen kann außer Strom - für einen Menschen dürfte dieses Essverhalten aber auf Dauer nicht gesund sein. Und während die Ärzte an der Heilung des Mädchens verzweifeln, hilft Il-Sun mit liebevollem Einfallsreichtum sowohl dem Menschen als auch dem Cyborg Young-Gun und besiegt darüber ebenso seine eigenen Dämonen...

I'm a Cyborg, but that's OK ist hervorragend inszeniert, bietet makellose Spezialeffekte, skurrile Charaktere, eine schöne Geschichte, die weit tiefgründiger ist als sie meist erscheint, und eine Menge guter Laune. Einzig ein paar Umwege vor der Zielgeraden trüben ein ganz klein wenig den Filmgenuss. Ansehen! [4/5]

I'm a Cyborg, but that's OK (Saibogujiman kwenchana) | Original mit deutschen UT
ROK 2006 | IMDb | OFDb
Regie: Park Chan-Wook
Buch: Park Chan-Wook
Darsteller: Lim Su-Jung, Jung Ji-Hoon, Choi Hie-Jin, Oh Dal-Su u.a.
Update: Kleinere (stilistische) Änderungen

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