Sonntag, 26. Mai 2013

A New Beginning (und andere Adventures)



Daedalic Entertainment hat es in den letzten Jahren schnell zum deutschen Vorzeigeentwickler für Adventures gebracht, doch gespielt habe ich als Genrefan bisher keines ihrer Spiele. Dabei muss ich anmerken: Ich spiele Adventures vor allem wegen der Geschichten und Charaktere, bei den obligatorischen Rätseln bin ich recht ungeduldig und greife schnell zu einer Lösung. Da passt es gut, dass A New Beginning dahingehend ein eher einfaches Spiel ist und die Rätsel kaum der Handlung im Wege stehen. Ausgenommen sind hiervon die Minispiele mit oft undurchsichtigen Regeln, die man zum Glück nach einigen Sekunden ohne Nachteile überspringen kann.

Die Geschichte handelt vom Kollaps der Erde in der fernen Zukunft, weswegen ein Team durch die Zeit zurückgeschickt wird, um die Weichen für das Überleben der Menschheit zu stellen. Umweltschutz und Nachhaltigkeit ist dabei das Motto, weswegen die Zeitreisende Fay den desillusionierten Wissenschaftler Bent aufsucht, der an Algen als Energiequelle forscht. Diese beiden Figuren spielt man abwechselnd und ihre unterschiedlichen Ansichten und Kenntnisse führen zu manch humorigem Dialog. Eingangs muss nämlich Bent noch von seiner eigenen Wichtigkeit überzeugt werden und man spielt Fays Erzählung bisheriger Ereignisse (ihre Gegenwart ist leider nicht Teil der Handlung).

A New Beginning schafft recht gelungen die Gratwanderung aus Dialogwitz und ernstem Hintergrund, die ökologische Botschaft ist dabei jedoch alles andere als subtil - etwas, was die insgesamt gelungene Handlung im späteren Verlauf gekonnt thematisiert. Ein wenig störrisch ist die Steuerung, da man für ein kontextbezogenes Aktionsmenü die linke Maustaste gedrückt halten muss, während die rechte bloß das Inventar einblendet (zum Glück werden Gegenstände nicht erst auffindbar, wenn ein entsprechendes Rätsel ansteht). Auch ist das Spiel nicht fehlerfrei: Einmal bewegte sich die Figur nicht mehr und ich musste einen älteren Spielstand laden (!), hin und wieder verschwand das Inventar und in der GOG.com-Version lässt sich gegen Ende das Spiel nicht mehr manuell speichern (Auto- und Schnellspeichern klappen noch; ein Patch wurde zwar in Aussicht gestellt, scheint aber nicht mehr zu kommen). Etwas ernüchternd daran ist, dass diese Version als fehlerbereinigter "Final Cut" angepriesen wird

Adventures aus Deutschland bieten oft eine hochklassige Vertonung und A New Beginning ist keine Ausnahme: Die Hauptfiguren haben tolle Sprecher, nur einige wortkarge Nebencharaktere fallen stark ab. Grafisch sind Abstriche hinzunehmen: Eine recht niedrige Auflösung ohne Breitbildunterstützung und vor allem spärliche Animationen. Ich hatte irgendwie die Erwartung, dass Daedalic-Spiele interaktive 2D-Zeichentrickfilme sind, aber das mehr als eine Dekade ältere The Curse of Monkey Island hat deutlich flüssigere Bewegungen (aber sicher auch ein größeres Budget). Öfters sehen die Bewegungen nach sehr grobem und langsamem Daumenkino aus, in den Zwischensequenzen wird als Stilmittel gleich ganz darauf verzichtet und auch die schön gemalten Hintergründe sind meist unbewegt. Schade!

Trotzdem konnte mich das Spiel wegen seiner leichtfüßigen Rätsel und der netten Geschichten aus Ernst und Unterhaltung bis zu Ende an der Maus halten. Das ältere The Whispered World (Fantasy) und das neuere Deponia (SF) liegen schon bereit.

Andere Adventures

Zwei ältere Adventures spielte ich für einige Stunden, verlor dann aber das Interesse. Zum einen Ceville (Realmforge 2009), in dem man in einem Fantasy-Königreich drei gegensätzliche Figuren steuert und auch zwischen ihnen hin- und herschalten muss. Der titelgebende Ceville ist dabei ein herrlich biestiger Despot, der jüngst von einem noch verschlageneren Schurken entmachtet wurde. Gerade Cevilles hervorragend vertonte Kommentare machen den Reiz des Spiels aus, die sonstigen Parodien auf Märchen- und Fantasy-Themen sind nicht immer kreativ (und die beiden anderen Figuren, ein Mädchen und ein Ritter, deutlich uninteressanter). Die Rätsel sind komplexer und vielschichtiger als bei A New Beginning, vielleicht habe ich auch deswegen früh pausiert und nie weitergespielt. Die 3D-Grafik ist eher detailarm, kaschiert dies aber durch einen Comic-Look.

In Dracula: Origin (Frogwares 2008) kontrolliert der Spieler den berühmten Vampirjäger Van Helsing auf seiner Jagd nach Blutsaugern, wobei er die "Lebensgeschichte" von Dracula enthüllt. So weit kam ich aber gar nicht, denn das Spieltempo ist sehr träge, vor allem wegen der sperrigen Rätsel. Anfangs gab es noch eine interessante Kombinationsaufgabe, bei der man einen Vampirunterschlupf im London des ausklingenden 19. Jahrhunderts - dargestellt durch atmosphärische Renderhintergründe - über Zeitungsberichte herausfinden muss. Danach gleitet das Spiel leider in Arbeit ab mit umständlichen und nicht einfachen Rätseln, die selbstweckhaft der Geschichte im Weg stehen.

A New Beginning - Final Cut (PC)
Daedalic 2010/2012 | MobyGames | OGDb
Concept: Jan Müller-Michaelis & Carsten Fichtelmann
Creative Lead: Kevin Mentz

Suche

 

Beiträge & Kommentare

Über uns
HomiSite, 2023-10-01 10:54
Unterwegs in Düsterburg
HomiSite, 2021-03-04 11:39
Gods - Lands of Infinity [Update]
HomiSite, 2020-07-02 21:53
Spiele des Jahres 2017 im Internet
HomiSite, 2018-02-06 12:46
Spiele des Jahres 2016 im Internet
HomiSite, 2017-01-06 14:51

Microblogging

Glotzen

Lauschen

Zocken

Kaum noch AAA, viel Indie und Multiplayer, wenig Steam und Switch.

Status

Erstellt: 2006-09-02 17:58
Online seit 6454 Tagen
Letztes Update: 2023-10-01 11:05
338 Beiträge mit 178 Kommentaren

Credits & Feeds