Glotzen

Dienstag, 15. Mai 2012

Fringe (4.22) [Update III]

Während das Schicksal von Walter und Astrid noch unklar ist, meldet sich die Rothaarige aus der letzten Folge bei Olivia, da sie sich verfolgt fühlt - vom Beobachter September. Aber als der ihr Haus betritt, wird er von einem auf den Boden gemalten Symbol festgehalten. Dann der Anruf, dass Astrid dank eines anonymen Hinweises im Krankenhaus landete und überlebte. Natürlich überlebte, denn sie was ja auch in der Zukunft von 2036 anwesend. Warum erst auf sie geschossen, ihr dann aber geholfen wurde - egal. Astrid erzählt von dem Lagerhaus und meint "Be careful". Das nehmen sich Peter und Olivia (Polivia? Pelivia?) sogleich zu Herzen und fahren natürlich alleine zum Tatort. Was wohl die Fringe-Fälle der letzten Episode mit dem Ende der Welt zu tun hätten, fragt sich Olivia endlich, aber Peter antwortet nur, sie solle die Autoren fragen. Im Gebäude treffen die beiden dann auf die Rothaarige, die September samt ausgesägtem Fußboden hergeschafft hat (Respekt!).

Du bist böse und hast mich angelogen, kombiniert Olivia messerscharf. Ganz genau, erwidert die rote Schlampe, und Bell erzählte mir, dass der Beobachter auftauchen würde, wenn du in Gefahr wärst. Dann beginnt sie auf September zu schießen. Normale Patronen kann er noch auffangen, aber hierauf benutzt sie Bell'sche Hochgeschwindigkeitsmunition. Nach der ersten Wunde aktivieren sich Olivias Cortexiphan-Kräfte: Sie fängt die Geschosse auf und schleudert sich auf die Schützin zurück. September wundert sich, dass Bells Schergen die Stasisrune kennen, die ihn gefangen hält. Diese überlegene Technik deaktiviert Peter dann, indem er ein bisschen das Symbol verwischt.

Olivia ist wieder im Sherlock-Modus und wendet sich an den Zuschauer Beobachter: So hast du du also die Schusswunde erhalten, als du mich damals im Opernhaus aufgesucht und mir verkündet hast, ich würde in jeder möglichen Zukunft sterben. September hat dies aber offenbar noch gar nicht erlebt, ist vielleicht selbst von den ganzen Zeitlinien verwirrt und verschwindet (Zeitparadoxa, yeah!). Um Walter zu finden, erinnert sich Peter an eine Massive-Dynamic-Technik aus der Fringe-Urzeit, mit dem Tote kurz wiederbelebt werden können. In einer ziemlich unheimlichen Szene wird die Rothaarige zurückgeholt und ihrer wiren Brabbelei entnimmt das Team, dass Walter auf einem Schiff ist und William Bell eine Energiequelle zur Erschaffung seiner neuen Welt braucht. Als Olivia die Untote berührt, gibt es einen tödlichen Stromstoß und ihr geht sprichwörtlich ein Licht auf - sie ist die Quelle, die irgendwie zunehmend Energie ausstößt. Wieso, weshalb, warum, wer dies fragt, bleibt dumm.

Währenddessen auf der schon bekannten "Arche" William Bells. Er zeigt Walter eine halbgare Holografie seiner geplanten Welt und enthüllt ihm: Die Idee eines neuen Universums war ursprünglich Walters, nachdem dieser zweimal seinen Sohn Peter verlor. Aber der Plan machte ihm Angst und er ließ sich die Erinnerung buchstäblich aus dem Hirn schneiden. Über die Jahre und eine Krebserkrankung fand Bell dann Gefallen an Walters Idee. Wenn Gott den Menschen nach seinem Ebenbild geschaffen hat, müsse der Mensch auch irgendwann einmal Gott spielen, so seine Rechtfertigung. Bell wirkt dabei die ganze Zeit wie ein lustiger Rentner, nur für Menschen ist in seiner neuen Welt kein Platz. Hier dürfte er sich von Walter unterscheiden, der ein Universum wollte, in dem er unbehelligt von jeglichen Gefahren mit seiner Familie leben kann - also keine menschenlose Erde mit Fantasietieren und Stachelschweinhumanoiden.

Nina Sharp und ihre Helfer können mit den nun verfügbaren Informationen und der Energie ausstoßenden Olivia die Position von Bells Schiff ausfindig machen. Alle fliegen mit Hubschraubern los (ohne Richard Wagners Walkürenritt), aber an den Koordinaten ist nichts. Nur Peter sieht das Schiff, denn es befindet sich schon im anderen Universum, das sich mit dem unsrigen hier überlagert. Glücklicherweise sind ja Olivias Kräfte aktiv und Nina erinnert daran, dass sie wie in der "originalen Zeitlinie" (!) die Weltengrenze überwinden könne. Also springen sie und Peter locker aus dem Heli und krachen auf einen Schiffscontainer. Mastermind Bell ist von dem Erscheinen der beiden überrascht, bietet ihnen die frisch geschaffene Anstellung als Adam und Eva an. Das Ende der Universen könne er jedoch nicht mehr verhindern, dank Olivia ist die Kettenreaktion unaufhaltsam im Gange. Da dreht sich Walter um und schießt ihr in den Kopf (ich hätte eher erwartet, dass Peter sich dieser Möglichkeit bewusst wird und lange mit sich kämpft)! William Bell hat das nicht kommen sehen, ist aber seltsamerweise wenig mitgenommen davon. Stattdessen schlägt er eine Glocke (die aus Folge 3.16?) und löst sich auf...! Peter ist völlig fertig mit den Nerven, aber Walter bringt ihn mit einer Watsche zur Besinnung. The cake isn't a lie, Olivia kann die Wunde dank Cortexiphan regenerieren. Also entfernt Walter mit Messer und Zeigestock die Kugel aus ihrem Kopf und die beiden Männer lachen weinend, als sie ins Leben zurückkehrt. Tolle Szene!

Mission erfüllt, die Welt (mal wieder) gerettet. Dafür gibt es endlich offizielle Anerkennung von der Regierung, Broyles wird zum General ernannt und das Fringe-Team zu einer vollwertigen Organisation inklusive eigener Forschungsmittel erhoben. Den Posten besetzt Broyles dann nicht mit Walter, sondern mit Nina, die ja immer völlig offen war... nicht. Astrid ist wieder auf den Beinen, Olivia sowieso und zudem noch schwanger - Henrietta, wie hören dich krabbeln. Irgendwie hat Olivia außerdem all ihre Energie verbraucht, sie ist wieder normal, so Walter. In der letzten Szene möchte sich dieser dann ein Sandwich machen, als September auftaucht, um die Brücke zur Zukunft zu schlagen: "We have to warn the others. They are coming."

So... Angesichts der verkorksten Trashfolge zuvor ist das Staffelfinale beinahe eine Wohltat. Dabei dient diese Episode einzig dazu, ein paar ausgewählte Fragen irgendwie zu beantworten und dann halsbrecherisch zur nächsten Season überzuleiten. Die Antworten sind dabei zwar durchaus stimmig, begeistern aber kaum. So wird der angeschossene Beobachter und seine kryptische Warnung an Olivia zwar aufgelöst (sie stirbt ja tatsächlich), aber von Bedeutung waren diese Szenen rückblickend nicht. [Wobei: Ich weiß gerade nicht, ob Walter die Worte des Beobachters kennt und dadurch zum Kopfschuss getrieben wurde.]

Geradezu ärgerlich ist es, dass viele Enthüllungen (Astrid und William Bell leben) oder auch der Cliffhanger zum Ende (Beobachterinvasion) schlicht nicht überraschen können, da alles bereits durch die Episode in der Zukunft vorweggenommen wurde! Und auch Bell kann kaum überzeugen. Es wurde kritisiert, dass Jones als Oberschurke wenig glaubwürdig war, nur ist Bell als sein Boss noch viel weniger bedrohlich oder durchtrieben. Er enthüllt nicht einmal einen total komplexen Plan, ist eher von vielem überrascht (z.B. dass Walter und später Olivia und Peter ihn aufspüren). Es scheint, dass Bell zig verschiedene Wege probierte, die Universen kollabieren zu lassen, Olivia als Energiequelle war nicht die einzige Methode. Überhaupt: Wie das genau funktionieren soll, wird gar nicht weiter bearbeitet - Superreaktor Olivias Energie muss von Bell nicht einmal kanalisiert werden! Wie Bell und Jones all ihre Helfer fanden, bleibt ebenso zwielichtig, zumal bspw. die Rothaarige sich in der vorhergehden Episode bewusst in Lebensgefahr begab, blind vertrauend, dass sie vor den Naniten gerettet wird - ein sehr wackeliger Plan. Und warum macht sie überhaupt mit, wenn sie weiß: "We're all expendable in the wake of creation"?!

Wie schon von mir bemängelt, haben die Beobachter weiterhin so gut wie nichts mit der Handlung um Bell/Jones zu tun. Immerhin wird aufgrund der bekloppten Rune deutlich, dass Bell um die Beobachter weiß. Übrigens, was war eigentlich mit den Gestaltwandlern...? Im Hinblick auf die nächste Staffel dürfte interessant sein, ob nun eine Zweiteilung in Zukunft und Gegenwart erfolgt. Und was Bell Olivia antun wird, weswegen Walter ihn im Amber zurücklassen wird. Fringe hat sich - einmal mehr - neu erfunden, dabei jedoch Vieles einfach abgestoßen. Die Haupthandlung von Staffel 4 war insgesamt enttäuschend und einfallslos, brach einzig aufgrund der überzeugenden Charaktere wie "Team Badass" im alternativen Universum nicht wie ein Kartenhaus zusammen. Ob das offenbar deutlich simplere Setting der kommenden Staffel die Serie zur Qualität der dritten Season zurückführen wird, bezweifle ich. Leider.

Während meine Texte zuletzt immer länger wurden, haben Cordial Deconstruction und Polite Dissent nur wenig beizutragen; letzterer fand auch diese Folge gut und bilanziert: "A good season overall, even if Charlie is still AWOL." Bernd Michael Krannich für Serienjunkies moniert die fehlende Spannung des Staffelfinales, weil die wahrscheinlich aus Quotendruck vorgezogene Zukunftsepisode Vieles vorwegnahm. Außerdem kämen Olivia und Astrid sehr schlecht weil schwach weg. "Aber es war eine ausgesprochen schöne Folge" (4/5 Punkte) und man müsse die Serie allein dafür lieben, dass sie den Zuschauer respektiert und ihn nicht mit offenen Fragen hängen lässt. Dem kann ich zustimmen, aber wie die Autoren das umsetzen, ist kritikwürdig. Serienjunkies bietet zwei gesonderte Artikel zur fünften Staffel sowie eine Rückschau: "Die erzählerisch schwächste Staffel der Serie bietet wunderbare Momente fürs Herz". Vladislav Tinchev äußert sich verspätet mit kleineren Detailanalysen und stellt fest, dass es in Fringe immer ein zweites Mal gibt; am Ende bleiben "Fragen über Fragen in einem Fringe-Universum, wo es auf jede Frage zwei Antworten gibt…"

<< 4.21

Fringe (4.21) [Update]

Aus Unlust, vielleicht aufgrund der Richtung, in die Fringe zu gehen scheint, erst jetzt meine Aufarbeitung der vorletzten Episode. Und was für eine...

Die beiden Universen wurden in der letzten Folge getrennt, um sie vor der Zerstörung zu bewahren, und in der Zukunft lauern böse Beobachter. Welche Rolle wird dies nun alles spielen? Gar keine!

In Boston verbrennen plötzlich Passanten innerlich, rauchen aus allen Körperöffnungen. Eine korpulente Frau erkennt: "Don't move. I think when they move, they die." Und alle, die noch nicht vom inneren Feuer verzehrt wurden, verharren in ihren Bewegungen. Das Fringe-Team rückt an und Walter beginnt erst einmal planlos mit einem der Toten zu reden. Eine betroffene Rothaarige ist davon irritiert, meldet sich dann aber schnell als freiwillige Versuchsperson. Sie wird ohne Probleme in Walters Labor transportiert und dort bald die Ursache festgestellt: Naniten, die durch zu viel Bewegung aktiv werden. Glücklicherweise scheinen Kopf- und Armbewegungen nicht zu zählen. Oder vielleicht doch, denn plötzlich steigt die Körpertemperatur der Rothaarigen dramatisch. Das Gegenmittel ist noch nicht bereit, dafür aktiviert Olivia ungewollt ihre Cortexiphan-Skills und rettet die Frau - erstmals seit Folge 4.14 treten ihre Kräfte wieder auf.

Dank Videoüberwachung wird Robert David Jones identifiziert, der die Naniten persönlich platzierte. Er befindet sich also seit der Trennung in unserem Universum (oder kann noch hin- und herreisen, dazu erfährt man nichts). Walter hat sich derweil die Naniten genauer angeschaut und kommt zu dem Schluss, dass Jones, dem er vor einiger Zeit noch absolutes Genie attestierte, diese nicht erschuf - nur William Bell könne das getan haben. In dieser Zeitlinie starb Bell offiziell bei einem Verkehrsunfall vor einigen Jahren, aber Walter ist überzeugt: Ja, er lebt noch, er lebt noch, er lebt noch.

Für den Zuschauer ist diese Wendung keine Überraschung, sah man Bell doch in der vorletzten Episode in Amber eingeschlossen. Und schon wird man Zeuge, wie Jones Bell Bericht erstattet, dass die fiese Olivia den perfiden Nanitenplan vereitelt habe. Dass sie ihre Fähigkeiten einsetzte, kann er nicht wissen, also sind für ihn die anderen Mitglieder des Fringe-Teams ohne Relevanz?! Bell faselt von Langzeitplänen und dass durch das Opfer wertvoller Schachfiguren der Erfolg maximiert werden könne - "the bishop [Läufer] must be sacrificed"... Mach ich, meint Jones, und haut ab, um...

... einen Orbitallaser auf Boston abzufeuern! Okay, nicht wirklich, aber mit Satelliten wird nachts das Sonnenlicht gebündelt, welches so ein Erdölreservoir unter der Stadt entflammen soll. Das findet Walter nebenbei heraus und schickt Olivia und Peter zu den ermittelten Koordinaten, von wo aus die Satelliten gesteuert werden. Aber eigentlich will er ja Bell finden, der ihn vor seinem Tod in der Psychiatrie besuchte. In dem Gästebuch der Anstalt fehlt zwar Bells Name, aber Walter ist im Wortsinne ein Schnüffler und nimmt das Schriftstück in sein Labor. Eine herkömmliche DNS-Suche ist ergebnislos, weswegen Walter das Papier in einem Cortexiphan-Schweinehirn-Zitronenkuchen backt. Ganz genau! Dadurch wird eine kurzzeitige Geweberegeneration aktiviert - laut Walter ein kaum bekannter Nebeneffekt des Cortexiphans (Serienjunkies: "eine Beleidigung für den Zuschauer"). Das Ergebnis: Fingerabdrücke, fürs bloße Auge sichtbar. Und der aufgeschnittene Kuchen wächst auch wieder zusammen. Leider sind die Abdrücke sind besonders deutlich, weswegen Walter auch fleißig auf der Buchseite herumtatscht. Astrid entdeckt einen braunen Fleck und Walter erschmeckt chilenische Mandeln - die mochte Bell besonders gerne und ließ sie sich früher extra importieren. Also brechen die beiden zur Apfelmusfabrik, äh, zum Einfuhrhändler auf.

Derweil sind Olivia und Peter bei den Koordinaten angekommen und entdecken zwei Antennen. Natürlich sind sie alleine unterwegs, denn sie wollen den Ruhm ganz für sich, wenn sie Boston vor einer Roland-Emmerich-Explosion bewahren. Gleichzeitig drehen sie dann Regler an den Funktürmen, als Jones zuschlägt - mit einer Brechstange auf Peter. Jones sah die beiden übrigens schon bei ihrer Ankunft, vermasselt aber trotzdem seinen heimtückischen Angriff und balgt sich jetzt mit Peter. Olivia will vom anderen Dach herüberschießen, als ein natürlich nicht informierter Sicherheitsdienst auftaucht und sie zwingt, die Waffe zu senken. Dass sich drüben zwei Männer lautstark prügen - egal. Olivia gehorcht, fegt mit einer Magneto-Geste aber auch die Pistolen der Wachleute aus deren Händen. Und dann heißt es "Street Fighter VR": Sie überträgt ihre Schlagbewegungen via Gedankenkraft auf den bedrängten Peter, der so unterstützt Jones umhaut. Dieser erkennt: "I got it wrong. I was the sacrifice" (wenn schon hätte ich Walter, nicht Peter Bishop als mein Ziel erachtet). Dann zerfällt Jones' Gesicht halb zu Staub und der Schurke ist Geschichte. Olivia schaut zwischendrin so ungläubig wie ich als Zuschauer.

Walter und Astrid haben mittlerweile den Importeur erreicht, aber eine Wache erklärt, dass das Geschäft längst aufgegeben wurde. Dann zieht er ab, ohne die beiden aus dem Lagerhaus zu schmeißen. Da hört Walter ein Geräusch - Mutanten voraus? Sie schleichen herum, werden von den schwer bewaffneten Wachmännern erwischt. Der große Augenblick von Astrid, nur vergleichbar mit dem kämpfenden Yoda in Star Wars: Episode II: Mit einem dem "Kranich" aus Karate Kid ebenbürtigen Tritt knockt sie ein paar Schufte aus und flieht mit Walter. Etwas Geballer, dann ein Schuss und Astrid fällt tödlich (?) getroffen in Walters Arme! Wenige Sekunden später steht William Bell vor ihm. "Hello, again old friend."

Oh. Mein. Gott. Fliegende Stachelschweinmenschen waren erst der Anfang! Diese Episode ist eine hochverdichtete Trashgranate mit hanebüchenen Haupt- und Nebenhandlungen, die in Rekordtempo abgehandelt werden. Es könnte natürlich sein, dass Bell in der nächste Folge seinen brillanten Masterplan enthüllt (z.B. "ich wollte dich herlocken"), aber im Hier und Jetzt sind die Geschehnisse und Wendungen sinnlos und abstrus. Die Rothaarige, der zu Beginn auffallend viel Platz eingeräumt wird, ist nach Fringe-Fall 1 verschwunden (diente - zumindest aktuell - wohl nur dazu, Olivia mögliche Schwierigkeiten als FBI-Mutter vorzuführen). Was Jones bzw. Bell mit dem Naniten- und Satellitenangriff bezweckten, wird nicht einmal angerissen, geschweige denn Bells Motivation (s.u.). Dafür werden diese beiden ach so genialen Schurkenstücke in Nullkommanichts von Walter durchschaut. Ob seine detektivische Jagd auf Bell oder Olivias Fernkampf - haha - bekloppter war, habe ich noch nicht entschieden.

Sollte Astrid sterben, wäre es sehr schade um diese sympathische Figur, die Walter immer schön zuspielte. Andererseits wurde der Charakter im Gegensatz zu Olivia und den Bishops kaum mit persönlichem Leben gefüllt. [Ich hatte ganz verdrängt, dass Astrid 2036 noch lebt - also keinerlei Ungewissheit oder Spannung!] Walter bzw. John Noble hat wieder einige tolle Szenen und Sprüche, außerdem schön zu sehen, dass Leonard Nimoy als William Bell aus dem Altersruhestand zurückgeholt werden konnte. Trotzdem eine Folge völlig von der Rolle. Und bisher drei der vier letzten Staffelepisoden standen jetzt quasi losgelöst nebeneinander.

Cordial Deconstruction und Polite Dissent sezieren den typischen Wissenschafts- und Logikunsinn, vor allem beim ersten Fall; Polite Dissent gefällt jedoch die Folge ("entertaining, albeit fairly cluttered"). Für Bernd Michael Krannich bei Serienjunkies gehört der Episodenbeginn "zu den stärksten der gesamten Serie", der zweite Fringe-Fall war aber "schlicht schlecht". Endlich sei außerdem klar, warum Jones als Bösewicht nie glänzen konnte: "Er war nur ein Handlanger für Bell [...] ohne den großen Durchblick". Dass diese Wendung aber belegen würde, nie den Glauben an die Fringe-Autoren zu verlieren, bezweifle ich stark; Vladislav Tinchev erwidert, dass er die Wende "etwas übertrieben und aufgesetzt fand, aber trotzdem gelungen", und widment sich dann visuellen und narrativen Details. Krannich spekuliert, dass Olivia mit ihren Kräften die Waffe sei, die Bell durch seine verschiedenen Anschläge zünden möchte, und kritisiert, dass viele Entwicklungen gehetzt und improvisiert wirkten und vergibt trotzdem 4/5 Punkte.

<< 4.20

Donnerstag, 3. Mai 2012

Movie Tweets V & Zelluloidfreaks

In den letzten Monaten habe ich gesehene Filme nur noch mit mehr oder weniger elaborierten Tweets gewürdigt, die ich ich dann regelmäßig hier im Blog archivierte. Nun möchte ich versuchen, im Rahmen eines Gemeinschaftsprojekts (klingt hochtrabend) wieder ausführlichere Filmkritiken zu verfassen. Dies geschieht in Gestalt der Zelluloidfreaks. Inwiefern ich dortige Texte - bisher Space Battleship Yamato und Chronicle - in dieses Blog kippen werde, weiß ich noch nicht. Bis dahin die restlichen Movie Tweets:

13 Assassins (2010) baut 80 min Spannung auf, das Finale kann leider die Erwartungen an Takashi Miike und "Total Massacre" nicht ganz erfüllen.

City of Ember (2008): Unterirdische Stadt als letzte Menschenheitshoffnung. Teils naiv (Kinderfilm), aber meist kitschfrei. Tolle Sets.

Iron Sky (2012): Albern und infantil, aber geradlinig und unverstellt in Humor und Erzählung. Teils etwas unbeholfen, aber Nazis im All!

Planet Terror (2007): Zombies und Splatter. B-Flair und A-Budget. Böse und blutig. Kreativ und lustig. Abstrus und surreal.

Fringe (4.20)

Der Ausflug ins Jahr 2036 der letzten Episode wird erst einmal nicht fortgesetzt, dafür verkündet Walter den versammelten Protagonisten beider Universen Robert David Jones' Plan, der ihm in einem Traum bewusst wurde. Mit herrlichen Kinderzeichnungen erklärt er, dass Jones tatsächlich die beiden Welten kollabieren lassen möchte. Daraus würde ein Urknall und damit ein neues Universum entstehen - also nichts mit einer Vermischung. Jones wolle mit seinen genetisch veränderten Geschöpfen in einer Sicherheitszone überleben (einen Urknall?!), die er in einer früheren Episode testete. Inwiefern Jones die Naturgesetze in diesem neuen Universum festlegen und kontrollieren vermag, wie Walter behauptet, bleibt unklar. Ich wiederhole mich: Jones macht keine halben Sachen, Gottkomplex ahoi! Bernd Michael Krannich kritisiert bei Serienjunkies erneut die Jones-Handlung, weil fast alle Informationen über ihn aus Erzählungen und Spekulationen von Dritten stammen.

Die Vernichtung der Welten plant Jones, indem er die unterschiedlichen Schwingungen der beiden Universen verändert, was schließlich zu eine Art Resonanzkatastrophe führen wird. Mittel zum Zweck sind ehemalige Cortexiphan-Kinder, die er über Jahren mit einem angeblichen Angriff der anderen Seite indoktrinierte und nun welt(en)weit synchronisiert Erdbeben mit ihren Kräften auslösen lässt (Serienjunkies: "Acht von zehn Fringe-Drehbuchautoren schwören auf das Wundermedikament, um einen schnellen Handlungsbogen zu schlagen"). Ihre Doppelgänger im Alternativuniversum sind dabei nur Empfänger, aber einer von ihnen erfährt dabei Visionen und meldet sich bei der Fringe Division. Er wird dann via LSD und Neuralstecker mit Olivia verbunden, die so das Original - aus den ersten Staffeln bekannt, wie Serienjunkies weiter ausführt - sehen (aus externer Perspektive?!) und aufspüren kann...

Oh man, was für harter Tobak, über den sich auch Cordial Deconstruction auslässt! "And this makes perfect sense to all of you?" fragt der Doppelgänger und Nerdlee antwortet bloß: "I find it's best if you just go with it." Immerhin werden viele von Jones' früheren Aktivitäten so erklärt - außer, warum er Olivias Kräfte wollte (die mittlerweile keine Rolle mehr spielen...). Polite Dissent wundert sich, dass noch so viele Cortexiphan-Kinder existieren (27! Aber vieles stieß ihnen vielleicht nur in der alten Zeitlinie mit Peter zu), und fragt außerdem:
«With all the issues with the Cortexiphan kids in the past, you’d think they’d be kept under surveillance. Especially since we’ve learned Jones has been playing with the stuff.»
Wie Jones es schaffte, sie alle zum Mitmachen zu überreden, wird zwar in der Episode thematisiert, aber nicht beantwortet. Je nun, die menschliche Erdbebenmaschine ist nun gefangen und Olivia versucht ihn davon zu überzeugen, dass es keinen Krieg zwischen den Welten gibt und Jones ihn angelogen hat. Es scheint zu gelingen (dabei wird übrigens erwähnt, dass in den einst bei Meana erbeuteten Aufzeichnungen von Jones quasi nichts Verwertbares dabei war). Für mich stand jedoch sehr offensichtlich im Raum, dass sein Einlenken nur vorgetäuscht sein könnte. Und, huch, das ist es auch - "gut", dass er nur von einem Agenten bewacht wurde. Cordial Deconstruction wirft ein, dass ein gemeinsames Auftreten von Olivia und Fauxlivia sicher überzeugender gewesen wäre.

Anstatt ihn nun erneut über sein Gegenstück aus dem Alternativuniversum ausfindig zu machen, wird angesichts der knappen Zeit bis zum nächsten Erdbeben-Flashmob Plan B umgesetzt (die US-Regierung nickt alles ab, wie Serienjunkies ungläubig notiert): Die Maschine, welche beide Welten verbindet, soll abgeschaltet werden, wodurch Jones' Plan ausgehebelt wird. Dies würde zwar den Heilvorgang der anderen Seite beenden, aber nicht umkehren (warum, fragt sich Polite Dissent). Schweren Herzens macht man sich ans Werk. Zum Ende der dritten Staffel drückten sich die Serienautoren - wie mehrfach von mir kritisiert - vor großen Konfrontationen durch die Einführung der Weltenbrücke. Nun gibt es eine kleine Wiedergutmachung am anderen Ende der emotionalen Skala: In ruhigen, melancholischen Szenen verabschieden sich Olivia, Fauxlivia, Peter, Nerdlee - er möchte wegen Faux im anderen Universum bleiben -, Astrid, Asprid, Broyles und schließlich Walter und Walternate, die laut Vladislav Tinchev das erste Mal in dieser Staffel aufeinander treffen (die schönste, wenn auch nicht emotionalste Szene fand jedoch vorher statt, als Fauxlivia von Regenbögen schwärmte). Dann schaltet Walter die Maschine aus und die andere Seite des Raumes ist leer, die Universen sind getrennt.

War es das mit dem Alternativuniversum? Wirklich glauben kann ich es nicht, aber die ausführlich gezeigten Trennungsszenen fühlten sich sehr nach Abschied an. Es wäre schade, vor allem wegen Fauxlivia (viele Charaktere gibt es drüben ja nicht mehr). Zumindest Jones verfügt jedoch weiterhin über eine eigene Portaltechnik und "wir kennen inzwischen eine ganze Reihe von Wegen, um zwischen den Universen zu reisen, auch wenn es Nebenwirkungen gibt" (Serienjunkies) - falls die gekappte Brücke nicht die Mauer zwischen den Welten irgendwie verstärkte.

Völlig unklar bleibt weiterhin, wie die in der vorherigen Episode etablierte und von bösen Beobachtern beherrschte Zukunft mit dem aktuellen Geschehen und Jones verbunden ist. Nach aktuellem Stand könnte man das andere Universum aus der Geschichte streichen und Jones vielleicht auch (obwohl er sicherlich mit seinem Mutantenzoo in unserer Welt sich versteckt). Aber wie letzte Woche fehlen einfach noch viele Informationen zur abschließenden Beurteilung. Polite Dissent wertet: "The re-separation of the Universes was well done, but the rest of the episode was just OK." Bernd Michael Krannich bei Serienjunkies lobt die handwerklich solide Finalvorberetung, dass viele Handlungsbögen abgewickelt wurden und "jetzt gehen die beiden Universen wieder ihre getrennten Wege, in Liebe und Frieden und so." Vladislav Tinchev fordert erneut den Emmy für John Noble und sieht im Liedtext von "Somewhere over the Rainbow" eine kaum zu übertreffende Beschreibung dieser Episode, weswegen ich mir seine Ausführungen zu Farben und Gefühlen an dieser Stelle spare.

<< 4.19

Dienstag, 1. Mai 2012

Die Brücke/Bron/Broen



Die Handkamera nah in seinem Rücken, die Musik dröhnt und er bahnt sich gehetzt seinen Weg durch den Club. So inszenierte Nicolas Winding Refn vor 15 Jahren Kim Bodnia in Pusher. Eine ähnliche Einstellung gibt es in der Krimiserie Die Brücke, in der Bodnia als dänischer Polizist nun auf der anderen Seite des Gesetzes steht. Eine schöne Hommage für den inzwischen grau meliertem Schauspieler mit Bauchansatz.

Bodnia wird als gemütlicher Kommissar Martin Rohde, der auch mal Fünfe gerade sein lässt, zu einem nächtlichen Leichenfund auf die Öresundbrücke gerufen. Weil die Tote genau auf der Grenze zwischen Dänemark und Schweden liegt, werden die Ermittlungen gemeinschaftlich aufgenommen. Ihm zur Seite steht die schwedische Polizistin Saga Norén, die mit Porsche, enger Lederhose und Vorschriftentreue eine Herausforderung für Martin Rohde darstellen wird - insbesondere wegen ihrer soziopathischen Züge: Norén hat deutliche Defizite in Einfühlungsvermögen und Sozialverhalten, gleicht dies aber durch kriminalistische Brillanz aus. In der Serie nicht weiter ausgeführt wird, woran Norén genau leidet, aber sie erinnert an eine Mischung aus Dr. House und Monk, glücklicherweise nicht ganz so übertrieben wie letzterer. Dargestellt wird Saga Norén überzeugend von der blonden (of course) Sofia Helin, deren Gesicht von Narben aufgrund eines Fahrradunfalls geziert wird.

Das ungleiche Ermittlerpaar sorgt vor allem zu Serienbeginn für humorvolle Situationen und wird durch die Ereignisse natürlich zusammengeschweißt. Etwas unglaubwürdig ist jedoch, dass Rohde immer wieder Norén soziale Basics zu erklären hat, auf die sie in ihrer Vergangenheit sicher längst hätte aufmerksam gemacht werden müssen. Dem Unterhaltungswert tut dies aber keinen Abbruch (Norén smalltalkt: "Ich habe seit gestern meine Periode").

Der unbekannte Täter wendet sich alsbald über einen skrupellosen Journalisten an die Öffentlichkeit. Auf fünf gesellschaftliche Missstände möchte er aufmerksam machen, es wird also noch weitere Verbrechen geben. Diese werden dann perfekt ausgeführt und fordern dem binationalen Polizistenteam alles ab. Leider werden die einzelnen Taten gerade dann schneller abgehandelt, als sie zu moralischen Herausforderungen werden und der Täter die Gesellschaft miteinbezieht. Strukturell erinnert Die Brücke an Sieben, wo ebenfalls zwei Polizisten einen genialen Schurken auf einem persönlichen Kreuzzug jagten.

Es herrscht zwar kein düsterer Dauerregen wie in David Finchers Todsündenfilm, aber Kopenhagen und Malmö werden in ausgewaschenen Bildern gezeigt. Der Tag ist in fahles Licht getaucht oder wird von einer tief am Horizont hängenden Sonne erhellt. Wenige Menschen sind unterwegs, nur der Straßenverkehr pulsiert vor Leben, besonders im Kunstlicht einer nachts hell erleuchteten Großstadt. Für die Ermittler wird die Nacht oft zum Tag und Rohde fortwährend zu unmöglichsten Zeiten von Norén, die kaum zu schlafen scheint, aus dem Bett geklingelt. Überhaupt sind den Protagonisten normale Tagesabläufe kaum gegönnt, was sich auch aufs Beziehungs- und Familienleben erweitern lässt.

Der Verlauf des Kriminalfalls kann leider nicht ganz mit den interessanten und markanten Figuren sowie der Inszenierung mithalten. Ob dies ein inhärentes Problem des "Scandinavian Crime"-Subgenres ist, vermag ich mangels Erfahrung nicht zu sagen, aber auf einige klischierte Wendungen und Konstruktionen muss der Zuschauer sich einstellen; Dramaturgie und Logik sind aber meist passend. Koproduzent ZDF strahlte die zehnteilige Serie als fünf Spielfilme aus, was inhaltlich durchaus sinnig ist. Die Zweisprachigkeit des Originals ging natürlich verloren (ich wüsste gerne, ob eher dänisch oder schwedisch gesprochen wird).

Meine Begeisterung nach dem Serienauftakt konnte Die Brücke leider nicht über die ganze Staffel hinweg aufrecht erhalten. Es werden manche Klischees verarbeitet, was bei den Figuren noch weitgehend gut funktioniert, aber bei der Handlung dann stellenweise negativ auffällt. Kritik an der modernen, entfremdeten Gesellschaft ist unübersehbar, bleibt schlussendlich jedoch Beiwerk. Trotz allem bin ich auf die zweite Staffel mit dem sympathischen Ermittlerduo Martin Rohde und Saga Norén gespannt, welche 2013 erscheinen soll.

Die Brücke - Transit in den Tod (Bron/Broen) | DK/S 2011+ | Created by Hans Rosenfeldt | Darsteller: Sofia Helin, Kim Bodnia, Dag Malmberg, Christian Hillborg, Magnus Krepper u.a.

Montag, 23. April 2012

Fringe (4.19) [Update]

«They came from the future. At first, they only watched. Arriving at key moments in human history. We called them OBSERVERS. But in 2015 they stopped watching... and seized control. Citizen uprisings proved bloody and futile. Those who survived became known as "Natives." In an attempt to show their allegiance some Native factions became Loyalists and were marked by the OBSERVERS. The original FRINGE TEAM fought the invasion, but was quickly defeated. FRINGE DIVISION was allowed to continue at a reduced capacity, but only to police the Natives. The resistance was quickly overcome ...or so they thought.»
So lautet der Text, der zu Beginn der Episode durchs Bild läuft, dann folgt ein neuer Vorspann, der ebenfalls die Besatzung zum Thema hat (Cordial Deconstruction zählt die Fringe-Begriffe auf und widmet sich sonst eher Nebensächlichkeiten der Zukunft). Ob die Einleitung nur für den Zuschauer gedacht ist oder auch Teil der Narration sein soll ("wir"), bleibt offen. Nicht offen bleibt dagegen unverkennbar, in was für einer Welt die Folge spielen wird - so direkt hätte es nicht vorab beschrieben werden müssen, aber es bleiben immerhin genügend Details unerklärt.

Im Jahr 2036 arbeiten Etta, eine blonde Frau, und Simon, Desmond aus Lost, in der Fringe Division, aber gleichzeitig für den Widerstand. Sie erinnert an eine junge Olivia, er an Walter in den Dreißigern. Das damalige Fringe-Team gilt als verschollen, aber Walter wurde jüngst entdeckt - in Amber eingeschlossen. Simon und Etta erwecken ihn, aber leider hat er Hirnschäden davongetragen, verhält sich kindisch-neugierig und ist keine große Hilfe (Vladislav Tinchev: "Fringe ist wie Walter: voller Melancholie, aber gleichzeitig voller Lebensfreude – und bemüht, nicht die Balance zu verlieren"). Nina Sharp, die in der Zukunft trotz weißer Haare irgendwie jünger aussieht, weist auf die Hirnmasse hin, die einst Walter entnommen wurde. Dass diese noch existiert, war mir nicht bewusst, aber da machen sich die Drei auch schon weitgehend unbehelligt zum jetzt stillgelegten Massive-Dynamic-Gebäude auf. Während sie dann auf Walters Heilung warten, erzählt Simon etwas von seinen getöteten Eltern. Da der Zuschauer ihn kaum kennt, nimmt es einen schwerlich mit. Dafür dürfte an dieser Stelle bereits deutlich werden, dass Etta Olivias und Peters Tochter ist. Walter erwacht als abgebrühter Badass und nimmt die Zügel in die Hand, als schon die Beobachter und deren Loyalisten anrücken. Gut, dass noch Antimaterie herumliegt, Walter schnell eine entsprechende Bombe bastelt und das Gebäude samt ihrer Verfolger desintegriert (was keinen wirklich zu interessieren scheint).

Walter erinnert sich wieder an den Ort, wo der Rest seines Teams eingeschlossen ist. Astrid wird befreit und man sieht William Bell im Amber! Eigentlich war er in Folge 3.19 endgültig gestorben und über ein alternatives Gegenstück war bisher nicht bekannt. Ist es der echte Bell, der aufgrund von Peters "Entrückung" irgendwie überlebte und zwischen der Gegenwart und 2015 wieder die Bildfläche betrat? Mehr wird nicht enthüllt, denn schon nahen die Häscher - Simon hat es nicht für nötig erachtet, seinen implantierten Peilsender zu stören... Dafür opfert er sich und wird an Peters Stelle im Amber eingeschlossen (obwohl zu Folgenbeginn nur von zwei weiteren Eingeschlossenen neben Walter - einem Mann und einer Frau - gesprochen wurde). Walter schneidet kurzentschlossen William Bells Hand ab (zu Astrid: "You remember what he did to Olivia. Even you can't be that compassionate"), um damit Zugang zu einem Labor oder so zu erlangen, wo das Team seinerzeit eine Anti-Beobachter-Waffe bastelte. Peter erkennt abschließend in Etta - Henrietta - seine Tochter. Immerhin wird das nicht noch ausgesprochen. Fortsetzung folgt...

Vier Episoden vor dem Staffelende und Fringe scheint einmal mehr eine Art Reset durchzuführen und gleichzeitig nach 2026 (Folge 3.22) eine andere mögliche Zukunft zu zeigen. Gerade erst wurde endlich etwas von Robert David Jones' Agenda enthüllt, nun spielt er überhaupt keine Rolle mehr! Dies bedeutet sicherlich nicht, dass er in der Zukunft nicht noch auftreten wird. Plötzlich sind die neutralen Beobachter, die meist zu losgelöst vom Seriengeschehen agierten, die Schurken und drangsalieren mit ihren Gerätschaften und obskuren Fähigkeiten (z.B. Gedanken lesen, klappt aber nicht bei Etta) die Menschheit. Die Kahlköpfe scheinen sich sehr sicher, denn für eine totalitäre Welt (von der aber kaum etwas berichtet wird) ist die Überwachung arg gering. Aufgrund der Existenz von Amber und dass ein gealterter Broyles die Fringe Division leitet (Kollaborateur?), ist nicht völlig klar, in welchem Universum sich die Handlung abspielt. Es gibt aber Massive Dynamic und keinerlei Alternativcharaktere treten auf - ein Hinweis, dass Jones, wie zur letzten Episode spekuliert, irgendwie beide Universen verschmolzen hat? Ungeachtet dessen fragt Polite Dissent, ob die Beobachter auch bzw. jemals im anderen Universum auftauchten.

Fragwürdig bleibt die Motivation der Beobachter. Laut Walter berichtete der hilfsbereite September, dessen Schicksal "unerwartet" gewesen sei, dass im Jahr 2609 die Erde am Ende sein wird und die zeitreisenden Beobachter deshalb 2015 die Kontrolle übernahmen. Passt dies zu den bisherigen Informationen über sie? Zeitlich durchaus, aber gefährden sie nicht ihre Existenz/Entstehung durch ein solch massives Eingreifen? Kaum ein Beobachter zeigte außerdem bisher Interesse jenseits vom Zuschauen, sie versuchten vielmehr alle Auswirkungen von Septembers Beeinflussung rückgängig zu machen. Vielleicht, nein, hoffentlich wird noch mehr über ihre Motivation enthüllt werden, zum Beispiel auch warum sie gerade diese Zeit zur Übernahme auserkoren, wo die Menschheit eine Waffe gegen sie entwickeln konnte.

Da diese Episode erst den Auftakt zu einem neuen Handlungsbogen und einer möglichen fünften Staffel darstellt, lässt sich vieles noch nicht abschließend einordnen; der Zuschauer hat jetzt einen Informationsnachteil gegenüber allen Hauptfiguren. Für sich genommen ist die Besatzungsgeschichte durchaus gelungen, auch wenn die totalitäre Welt wenig innovativ geraten ist. Ich werde aber das Gefühl nicht los, dass die Serienmacher erneut den einfachsten Ausweg in Form eines Neustarts/Zeitsprungs aus der (verfahrenen?) Handlung wählten. Anstatt Geschichten zum Abschluss zu bringen, werden einfach neue begonnen - ein kreatives Armutszeugnis? Polite Dissent meint:
«A solid episode, except that it’s just kind of hanging there, like a dangling participle. Hopefully it will tie into the grand storyline better at some point, otherwise it was an interesting experiment.»
Vladislav Tinchev verweist auf den Reisecharakter der vergangenen jeweiligen 19. Episoden und fragt sich, wie die Serie nach dem Zeitsprung die Kontrolle über all diese Plots bewahren will. Möglichen narrativen Unzulänglichkeiten erteilt er dann wenig überraschend die Absolution:
«Fringe hinterlässt, "vergisst", Sachen, aber es ist immer jemand da, um sie zu finden und ihnen Sinn zu verleihen: denn immer verweisen sie auf Ereignisse, denen man in irgendeiner Welt, in irgendeiner Zeit auf irgendeine Art und Weise schon begegnet ist.»
Bernd Michael Krannich für Serienjunkies ist euphorisch, diese Episode sei die bisher beste der Staffel (4,5/5 Punkte) und gleichsam bestes Argument für eine Serienverlängerung (ein Konzept mit Gegenwart und Zukunft statt Spiegeluniversen würde zudem den Quereinstieg für neue Zuschauer erleichtern). Krannich sieht die wichtigsten Fragen geklärt, obwohl für mich die Antworten nicht zwingend sind, zumindest nicht im jetzigen Kontext:
«Warum sind ausgerechnet Olivia und Peter so wichtig, dass die Observer ihr Leben lückenlos überwachen? Warum ist ihre Liebe so bedeutsam? Warum sollte Peter aus der Zeitlinie gelöscht werden? [...] Ihre Tochter Etta ist die Hoffnung der Menschheit [...]. Der Observer September war der gute Rebell, seine Kollegen sind böse Finsterlinge. Sie sind die eigentlichen Feinde.»
<< 4.18

Samstag, 21. April 2012

Fringe (4.18) [Update]

Ein Geschäftsmann wird plötzlich durch die Luft geschleudert und stirbt an unnatürlichen Verletzungen. Bald wird ermittelt, dass im alternativen Universum sein Gegenstück im gleichen Moment bei einem Flugzeugabsturz umkam. Daraufhin reist Walter erstmals in die andere Welt, um dort mit Fauxlivia zu ermitteln, während Olivia und Peter auf unserer Seite ans Werk gehen - Joint Fringe Ops.

Die gefangene Meana schweigt weiterhin zu Robert David Jones und die Suche nach dem Maulwurf in der Fringe Divsion läuft an. Eigentlich sollte der Verräter - O'Broyles - dank der in der letzten Episode sichergestellten Ortungstechnik für Gestaltwandler einfach zu finden sein, aber: Er ist gar kein Shapeshifter, sondern arbeitet mit Jones mehr oder weniger freiwillig zusammen, weil dieser ihn mit Medizin für seinen todkranken Jungen versorgt. Jones ist sich gar so sicher, dass er O'Broyles zu Hause besucht.

Auch an den Todesfällen über die Weltgrenzen hinaus ist Jones beteiligt. Einer seiner Helfer verteilt Kofferbomben, welche die Unglücke auslösen. Als so ein Anschlag auch in unserem Universum stattfindet, kann Peter die Waffe sicherstellen. Sie beruht auf Amphilizit, das Jones vor einiger Zeit in großen Mengen sammelte.

In der besten Szene der Episode trifft der bei Fauxlivia übernachtende Walter, gekleidet in ihren Morgenmantel, nachts auf die Fringe-Agentin. Sie trinkt am Küchentisch harten Alkohol und hadert mit dem Tod Lees und damit, den Maulwurf nicht enttarnen zu können - es gäbe keine Spuren. Das sei auch eine Spur, wirft Walter ein, und bringt etwas plötzlich O'Broyles ins Spiel. Die ungläubige Fauxlivia testet diesen Verdacht am nächsten Tag im Gespräch mit Meana, die daraufhin meint, O'Broyles sei nur eine Schachfigur, ein "Bauer". Wie Fauxlivias Gesichtszüge bei dieser Bestätigung entgleisen, ist großartig.

O'Broyles soll derweil für Jones ein kleines Gerät an der Maschine anbringen, welche die Universen verbindet und heilt. Da O'Broyles in der Vergangenheit ziemlich überzeugend den Verräter mimte, war mir unklar, ob er den Auftrag ausführen würde oder nicht. Angesichts des Todes von Lee lag es jedoch nahe, dass er sich endlich gegen Jones wenden würde (zumal er das Heilmittel für seinen Sohn auch Walter zur Analyse übergeben könnte). Im Maschinenraum fangen Fauxlivia und Nerdlee ihn dann ab, aber er hat sich dort bereits Broyles gestellt. Cordial Decontruction wundert sich, warum Fauxlivia nicht sofort eine Fahndung nach O'Broyles veranlasste, und fragt:
«I wonder, did Colonel Broyles turn himself in at least in part because when Jones ordered him to plant the device on the bridge (the device saving his world), he realized that there would be no point in saving his son’ life if his world was destroyed?»
Laut Walter hätte das Gerät beide Universen kollabieren lassen. Ob das Jones' einziges, selbstmörderisch anmutendes Ziel ist, bleibt ebenso unbekannt wie seine Motivation. Halbe Sachen macht der Mann aber nicht. Für Bernd Michael Krannich bei Serienjunkies kommen die immer noch diffusen Enthüllungen arg spät, "der Spannungsbogen müsste eigentlich schon stehen". Ob Jones die Universen vernichten oder vereinen möchte, sei auch für Muttersprachler nicht eindeutig zu sagen [Jones meint an einer Stelle, Matcha sei eines der wenigen Dinge, die er vermissen wird].

Insgesamt eine wichtige, wenn auch eher langsame Folge, die weiter das Staffelfinale vorbereitet. Die beiden Fringe-Abteilungen arbeiten eng zusammen, sodass sie fast eine Einheit bilden; vielleicht wird dies nach O'Broyles' Abgang auch offiziell vollzogen werden. Dass dieser kein Gestaltwandler ist, überraschte zwar, führte aber nicht wirklich zu emotionalen Umwälzungen. Der von Jones' initiierte Fringe-Fall hing nicht direkt mit den Hauptfiguren zusammen, dafür erinnerte O'Broyles' Tat natürlich an Walter - beide taten (fast) alles für das Wohl ihrer Kinder (und reden darüber auch in der Folge). Walter und Fauxlivia sind mittlerweile die besten Freunde, während es seltsam anmutet, dass Jones sich völlig ungeniert frei bewegt.

Während Cordial Deconstruction Details wie die Vibrationen der Universen und das Fehlen einer Black Box im Alternativuniversum bemängelt, hat Polite Dissent wenig an der Episode auszusetzen ("An enjoyable episode of Fringe. The problem of the week wasn’t solved, but the über-plot was advanced nicely"). Für Serienjunkies zeige die Folge einerseits das Beste von Fringe (4,5/5 Punkte), aber:
«Gleichzeitig bleibt die Gesamthandlung weiter frustrierend und Jones droht, zu einem Comic-Bösewicht der schlimmsten Sorte abzurutschen.»
Vladislav Tinchev betrachtet die beiden Universen, die eigentlich eines sein könnten, sieht "eine Art Familienzusammenführung" zwischen den Figuren beider Welten, und widmet sich Walter und O'Broyles:
«Zwei Menschen aus zwei Welten verbindet die Tatsache, dass sie das Herz auf dem rechten Fleck haben. Wo das von Jones wirklich sitzt und was hinter seinem Plan steckt, werden wir noch erfahren.»
<< 4.17

Dienstag, 10. April 2012

Fringe (4.17)

Wie in der letzten Episode schon angeschnitten, findet sich Nerdlee überflüssig und ausgeschlossen, besonders da Olivia fast alle gemeinsamen Erlebnisse vergessen hat. Also übernimmt er den Job, dem anderen Universum die neuesten Erkenntnisse über David Robert Jones zu übermitteln. Er gerät in eine aktuelle Mordermittlung der Fringe Division und erkennt, dass offenbar ein Gestaltwandler unterwegs ist. Trotz dezenter Behinderungsversuche seitens des Shapeshifters O'Broyles wird der Gesuchte schließlich festgenommen. In einem kurzen Gespräch zwischen Nerdlee und dem Gestaltwandler kommt heraus, dass dieser sich - wie jetzt Nerdlee - verloren und einsam fühlte und so in die Arme von Jones' getrieben wurde ("I wanted to be needed or at least to be missed"). Derweil hat O'Broyles die böse Nina "Meana" Sharp über den Gefangenen informert und ein Scharfschütze steht bereit. Er verfehlt den Shapeshifter und wird von Fauxlivia ausgeschaltet, schießt aber Lee an. Nerdlee überzeugt daraufhin den Gestaltwandler, Jones endlich zu verraten.

In Form des Attentäter infiltriert der Gefangene dann Meanas Basis, sie wird festgenommen und eine Menge Informationen über Jones' Aktivitäten sichergestellt, unter anderem Aufzeichnungen über alle Shapeshifter. Warum nicht sofort nachgeschaut wird, ob sich einer in der Finge Division aufhält (zumal Lee bei dem Attentat sofort einen Spitzel vermutet), ist gewohnt nachlässig. Kurz darauf aber die traurige Meldung: Lee ist wider Erwarten an seiner Schussverletzung gestorben und die sonst lustige, aber unnahbare Fauxlivia ist davon schwer mitgenommen. Der Gestaltwandler wird der Obhut von Walter und Peter übergeben und Nerdlee bleibt erst einmal im alternativen Universum, um bei der Auswertung der Jones-Daten zu helfen. Und um bei seiner Ersatz-Olivia, äh, Fauxlivia zu sein...

Eine insgesamt gelungene Folge, die sich konsequent mit Nerdlee beschäftigt und wieder einmal und gleichzeitig wahrscheinlich letztmalig "Team Badass" in Aktion zeigt. Dass der Fringe-Fall im anderen Universum haargenau auf Nerdlees aktuelle Situation passt, ist vielleicht etwas übertrieben, aber so zieht sich Nerdlee spätestens nach dem gescheiterten Attentat selbst aus dem Loch ("you can decide that you're not just somebody's broken puppet anymore"). Positiv überraschend war der große Fortschritt bei der Jagd nach Jones, den ich gar nicht nicht mehr erwartet hatte - damit dürfte O'Broyles Zeit als Spion abgelaufen sein. Ebenso beiläufig wurde der Tod Lees eingebaut (für Cordial Deconstruction sehr vorhersehbar), was zwar schade ist, aber wohl nötig, da zu wenig Raum für beide Lees war.

Bernd Michael Krannich widmet sich für Serienjunkies "einer, wenn nicht der, Kernfrage von 'Fringe': Wieso entwickeln sich Menschen auf eine gewisse Weise?" und wirft ein, dass kurz vor dem Staffelfinale immer noch nicht klar ist, was Jones plant und damit eigentlich auf dem Spiel steht (4/5 Punkte). Vladislav Tinchev verschreibt sich der Suche nach Zugehörigkeit, einem Zuhause, einem Weg aus dem inneren Labyrinth:
«Jede/r muss die Wand für sich finden, auch wenn sie sich auf einer Seite befindet, wo man sie nicht vermutet hätte. Es ist die Wand, die verbindet, anstatt zu trennen, die Wand des eigenen Herzens…»
<< 4.16

Dienstag, 3. April 2012

Fringe (4.16)

Nachdem Olivia beschlossen hat, sich den Erinnerungen der anderen Olivia und damit der Liebe zu Peter hinzugeben, wird sie aufgrund ihrer Gedächtnislücken vom FBI-Dienst beurlaubt. Als jedoch eine Art Werstachelschwein auftaucht, haben Peter und Olivia einen Vorteil - denn in der früheren Zeitlinie (Fringe-Urzeit) gab es einen sehr ähnlichen Vorfall. Nach einem Zusammenstoß mit einer der Kreaturen wird Nerdlee infiziert und von Walter unter Beobachtung gehalten. Dieser scheint sich aber mehr für das neu erwachte Familiengefühl zwischen ihm, Peter und Olivia zu erfreuen als ein Heilmittel für Nerdlee zu suchen.

Bald wird herausgefunden, dass David Robert Jones seine Finger im Spiel hat und offenbar ein Geheimkult existiert, in dem sich Menschen freiwillig der gelenkten Mutation/Evolution aussetzen. Am Ende wird Nerdlee geheilt, die Kreaturen sind ausgeschaltet - aber es gibt noch weitere. Und ein Containerschiff voller merkwürdiger Geschöpfe durchpflügt die neblige See...

Mit dieser Folge ist Fringe zurück in längst vergessenen Trash-Gefilden: Stachelschweinmenschen, die später noch Flügel bekommen und mit schönen Frauen im Arm durch die Nacht gleiten (!), und der Monsterzoo auf dem Frachter. Der Tonfall der Folge fällt entsprechend unernst aus, Nerdlee hat zwar nichts zu lachen, erscheint aber nie in Gefahr und Olivia wird trotz ihrer eigenmächtigen Ermittlungen am Ende wieder in den Dienst gestellt (für Broyles ist eine 60%ige Olivia immer noch besser als 90% der Agenten, mit denen er zusammenarbeitete - Awesomelivia). Cordial Deconstruction, generell mit vielen Hinweisen auf Unsinn, meint in diesem Zusammenhang:
«Olivia’s eroding memories of her life from this timeline seriously compromise her value as an FBI agent. It’s not particularly unlikely that a defense attorney would discover her memory issues during deposition, and use her unreliable memory to get any testimony given by Olivia thrown out of court.»
Außer dass Jones hinter allem steck und einst die Unterlagen von Massive Dynamic (wo sonst) entwendete, geht die Hauptgeschichte nicht voran. Polite Dissent merkt hier an:
«Why hasn’t the Fringe team, or at least Nina Sharp, looked through the Massive Dynamic files to see which projects David Robert Jones worked on?»
Immerhin wird sich die Zeit genommen, die Problematik von Olivias Erinnerungen für ihren Job zu thematisieren. Die Auswirkungen auf ihre Familie werden dagegen nur angerissen. Und allzu spannend war die Folge auch nicht, dafür recht humorvoll. Und eben trashig.

Vladislav Tinchev schreibt übrigens nicht mehr für Serienjunkies, die Fringe-Reviews werden nun von Gastautoren geschrieben. Den Anfang macht ein gewisser Mariano Glas, der sich den Parallelen und Unterschieden mit der ursprünglichen Stachelschweinfolge (1.13) zuwendet, die "meisterhafte Stärke bei der Entwicklung der Figuren" und religiöse Motive beschreibt. Und "nur" 4/5 Punkten vergibt (eine starke Folge, wie sie in der vierten Staffel zu selten sei). Vladislav himself widmet sich in gewohntem Duktus Dingen, die sich verändern und eigentlich gleich bleiben - "Fringe, die Evolution, die Liebe…" Die 5-Sterne-Wertung muss man sich jetzt denken.

<< 4.15

Spartacus: Vengeance (fulfilled)

Nach der Abschluss der regulären zweiten Spartacus-Staffel lasse ich die zweite Hälfte Revue passieren - Spoiler! Für die vorherigen Folgen siehe hier.

2.06-2.09

Nach der nicht mehr für möglich gehaltenen furiosen Folge 5 hing drohend die Frage im Raum: Kann Spartacus dieses Niveau irgendwie halten oder wird nun erst recht der Absturz folgen? Doch glücklicherweise entsprach das Niederbrennen der Arena zu Capua dem Zerschlagen des Gordischen Knotens, der bisher die Qualität der Staffel - und den Römer Glaber - im Zaum gehalten hatte. Letzterer entwickelt sich nach dem Flammeninferno und auch durch die Abneigung seiner Frau Ilithyia zu einem Monster, wie er sich später selbst bezeichnet. Nun sind ihm alle Mittel recht, um Spartacus zu erledigen, und er lässt Ashur eine Truppe für abgründige Aufgaben ausheben. Dadurch steigt Ashur im Ansehen Glabers und schafft es, Lucretias eigenen Einfluss zu beschneiden und sie schließlich gar in sein Bett zu pressen. Ilithyia bekommt die Folgen ihres Verrats an Glaber fortwährend von ihrem Ehemann zu spüren und versucht, zusammen mit Lucretia die alte Ordnung wiederherzustellen.

Es wird alsbald auch deutlich, dass die Staffel von Spartacus nicht an größeren Intrigen interessiert bzw. dazu strukturell kaum in der Lage ist - spätestens nach dem Brand der Arena sind die meisten römischen Konkurrenten von Glaber tot oder fort. Somit verlagert sich die Serie auf Machtspiele und Positionskämpfe im kleinsten Rahmen, was im ehemaligen Ludus auch ganz gut funktioniert. Beim flüchtigen Spartacus und seinen Rebellen sieht dies schon anders aus, denn die simplen Abneigungen zwischen den Angehörigen verschiedener Stämme (z.B. Crixus und Agron) werden offen und direkt ausgetragen. Überspitzt lässt sich sagen, dass Spartacus abgesehen von ein paar Überfällen in der zweiten Staffelhälfte nicht mehr viel zu tun hat: Die Abtrünnigen verstecken sich in einem aufgegebenen Tempel und warten ab. Die Art der Behausungen ist auch bezeichnend: Ludus wie Tempel sind tote Häuser, aber der Ludus (auf einem Berg) war und ist Schauplatz vieler Grausamkeiten, während ein Tempel (am Fuß eines Berges) einen heiligen Ort darstellt. Besonders Crixus kann sich in dieser Staffel kaum in Szene setzen, weil er nach der Rettung seiner Frau Naevia nur noch mit dieser Zeit verbringt. Ein Highlight sind dafür die befreiten Germanen, die gebrochen Hochdeutsch sprechend dauernd fluchen und feiern.

Nach zwischenzeitlicher Entführung von Ilithyia durch Gannicus, der sich damit entgültig auf Spartacus' Seite schlug, finden Ilithyia und Glaber dank eines brutalen Ränkespiels Lucretias und sprichwörtlichen Blutbades (eindrucksvolle Szene und arme Seppia) wieder zusammen. Dies ging mir ob ihrer vorhergehenden Entfremdung zwar etwas schnell, aber es was akzeptabel. Da Spartacus seinen Wertvorstellungen treu bleibt, ließ er Ilithyia laufen (und erfuhr, dass sie wohl sein Kind in sich trägt), und dank Ashurs Erdkundekenntnisse - voher auch immer - ist deshalb bald Spartacus' Lager ausfindig gemacht. In der vorletzten Episode entbrennt ein erbitterter, packend inszenierter Kampf um den Tempel, an dessen Ende die Rebellen sich auf den kargen Vesuv zurückziehen müssen. Glaber frohlockt und meint in Anlehnung an Crixus' Worte aus der ersten Staffel: "We shall kill them all."

2.10

Die finale Episode ähnelt vom Aufbau der vorhergehenden: Ein eher gemächlicher Beginn, dann die explosionsartige Steigerung. Trotzdem kann dieses Staffelfinale nicht mit dem von Blood and Sand und auch nicht mit der fünften Vengeance-Folge mithalten. Gelungen ist es aber allemal: Spartacus und seine Recken blasen Trübsal auf dem Vesuv, während Glaber sich zufrieden auf eine längere Belagerung einstellt. Da reisen Ilithyia und Lucretia an, denn beide wollen endlich wieder nach Rom. Und Lucretia weg von Ashur, dem sie zuvor von Glaber als Frau versprochen wurde. Ashur soll außerdem als Dank für seine Dienste den Ludus bekommen und der Syrier sieht sich schon als glorreichen Gladiatorenschulleiter. Doch wenn ein jeder eine Schlange ist, kann man sich auf nichts und niemanden verlassen.

Einst stahl Ashur bei einem Mordauftrag Glabers ein Schlangenarmband (!), das später für Lucretias und Ilithyias Komplott gegen Seppia und zur Wiedervereinigung mit Glaber diente. Und nun soll es gar Beweis sein, dass Ashur einen Mord an Glaber plante. Ashur - und vielleicht auch der Zuschauer - kann selbst nicht recht glauben, dass Glaber diese List von Ilithyia für bare Münze nimmt, aber das ändert leider nichts. Anstatt sofort hingerichtet zu werden, soll Ashur den Belagerten eine letzte Botschaft überbringen: Alle werden verschont, wenn Spartacus ausgeliefert wird. Aber im Gegensatz zu Ashurs "Brotherhood of Badass Mutherfuckers", die sofort auf Glabers Seite wechselte, stehen die Abtrünnigen zusammen. Und Naevia fordert schließlich Rache für ihr Schicksal als Sex- und Minensklavin. Und so findet Ashur ein passend unrühmliches Ende - the Fall of the House of Ashur: Von allen verstoßen und verachtet, seiner Träume und Hoffnungen beraubt, verliert er im Kampf gegen die eigentlich unterlegene Naevia nicht nur sein Gemächt, sondern auch seinen Kopf und verendet im Staub. Auch sein selbstgefälliges Grinsen wurde ihm da genommen.
Naevia: "It is no easy task to cleave a man's head from his shoulders in a single blow."
Crixus: "Then I will teach you."
Um der Belagerung zu entfliehen, knüpfen die Rebellen unglaubwürdig lange Seile aus Kletterpflanzen und das All-Star Team aus Spartacus, Crixus, Gannicus und Agron überwinden eine Steilwand. Sie benutzen römische Katapulte aus der letzten Episode gegen Glabers Heer und dann kommen ihnen die restlichen Rebellen zu Hilfe. Nun muss sich Glaber in den Tempel zurückziehen, aber es gibt kein Entrinnen mehr - ein düsterer Choral begleitet das letzte Gefecht.
Glaber: "I will not die at the hands of a fucking slave!"
Spartacus: "I am a free man."
Und so rammt Spartacus schließlich sein Schwert durch Glabers Mund in dessen Hals! Ein würdiger Abschluss der Rache, aber Eindrucksvolleres trägt sich im Ludus zu: Dort soll Ilithyia ihre Freundin Lucretia aus dem Weg schaffen, die Glaber zufolge einfach zu viele Geheimnisse kennt. Doch eine einsetzende Frühgeburt verhindert dies. Ein Schrei hallt dann durchs Gebäude, Lucretia kommt mit blutigem Kleid in Ilithyias Gemach, sticht eine weitere Sklavin ab. Dann schneidet sie das Kind (offscreen) aus Ilithyias Bauch und wankt zum Klippenrand des Ludus. Ilithyia kriecht verblutend hinterher und es wird deutlich: Lucretia hat ihren Wahnsinn nie überwunden, dieses Kind - geboren im Haus Batiatus - ist für sie der Nachwuchs, den sie nie hatte. Und dann stürzt sie sich mit dem Baby in den Abgrund, um im Jenseits mit Batiatus (und Spartacus' Sohn...) vereint zu sein!

Fazit

Die Vengeance-Staffel ist deutlich zweigeteilt in eine solide, aber angesichts von Gods of the Arena und vor allem Blood and Sand eher schwache erste Hälfte und einen hochklassigen Abschluss. Dabei ist es erstaunlich, dass die Serie mit den vielen losen Enden aus den vorhergehenden Staffeln kaum etwas anzufangen wusste außer damalige Konstellationen zu spiegeln. Und obwohl die Staffel schließlich ihren Weg fand, bleibt ein ungutes Gefühl, wie es weitergeht. Denn Anknüpfpunkte für zukünftige Entwicklungen gibt es nun kaum noch, tot sind: Glaber, Ashur, Lucretia, höchstwahrscheinlich Illythia (und ihr Neugeborenes), Oenomaus, Spartacus' Gefährtin Mira und quasi alle anderen irgendwie bedeutenden eingeführten Römer. Wer wird als Gegenspieler von Spartacus fungieren und in die großen Fußstapfen von Batiatus und Glaber treten?

Ein Wort zu Spartacus selbst: Seine Handlungen sind schlussendlich nicht mehr allzu unbedacht, dafür konnte mich der neue Darsteller Liam McIntyre nie völlig überzeugen (gleiches gilt übrigens bei Naevia). Gegen das Charisma eines Crixus, Oenomaus oder Gannicus oder eben seines verstorbenes Vorgängers Andy Whitfield hatte er keine Chance. Ein "Yeah!" von Crixus reißt mehr mit als eine aufpeitschend gedachte Ansprache Spartacus'/McIntyres.

Abschließend zeigt Vengeance durchaus Abnutzungserscheinungen und verdeutlicht gleichzeitig, dass die vorhergehenden Staffeln eben mehr waren als nur Blut und Titten. Aber ohne Intrigen und Interaktionen, die auch aufgrund der räumlichen Trennung von Aufständischen und Verfolgern überschaubar ausfielen, wählten die Macher der Serie allzu oft das sich schnell abnutzende Spektakel. Spartacus ist eine Serie über Aufstieg und Verbesserung, über Fall und Niederlage. Das Ende des Sklavenaufstandes steht fest, aber ob der Weg dahin weiterhin unterhaltsam und mit angemessenem Anspruch ausfallen wird, bleibt offen. Vielleicht wird es Zeit, dass auch bei Spartacus und seinen Begleitern düstere Aspekte hervorbrechen. Denn wie sprach einst Batiatus: "A man of ambition is capable of anything." Und was kann ehrgeiziger sein als Rom zu vernichten?

<< 2.01-2.05

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